European Tax Jurisdiction Außensteuergesetz
Bert Füssenich

Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 des AStG bei Ausfall eines nicht fremdüblich besicherten konzerninternen Darlehens

Mit Urteil vom 27.2.2019 I R 73/16 (BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394) hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG bei Ausfall eines nicht fremdüblich besicherten konzerninternen Darlehens aufgegeben. Nach der bisherigen Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 17.12.2014 I R 23/13, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261) wurden entsprechende Einkünftekorrekturen in den Fällen gesperrt, in denen das zugrundeliegende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eine Klausel i.S. des Art. 9 Abs. 1 OECD-Muster-Abkommen (OECD-MA) enthielt.

Nach dieser bilateralen Vorschrift ist eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften nur möglich, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Der Fremdvergleichsmaßstab ermöglichte bislang aber nicht die Korrektur einer Teilwertabschreibung, die darauf beruhte, dass die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen Tochtergesellschaft in fremdunüblicher Weise unbesichert begeben hatte.

Sachverhalt

Dem aktuellen Urteil des BFH lag die Klage einer inländischen GmbH zugrunde, die Alleingesellschafterin und zugleich Organträgerin der inländischen A-GmbH war. Letztere war zu 99,98% an einer belgischen Kapitalgesellschaft (B-GmbH) beteiligt. Die A-GmbH führte für die B-GmbH ein Verrechnungskonto, das ab dem 1.1.2004 mit 6 % p.a. verzinst wurde. Am 30.09.2005 vereinbarten die A-GmbH und die B-GmbH einen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein. Der Betrag entsprach dem wertlosen Teil der gegen die B-GmbH gerichteten Forderungen aus dem Verrechnungskonto. Er wurde in der Bilanz der A-GmbH gewinnmindernd ausgebucht, jedoch neutralisierte das FA die Gewinnminderung mit Rücksicht auf die fehlende Forderungsbesicherung nach § 1 Abs. 1 AStG durch eine außerbilanzielle Hinzurechnung.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH kam in seinem aktuellen Urteil entgegen der Auffassung der Vorinstanz und seiner bisherigen Rechtsprechung zu dem Ergebnis, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung durch das FA zu Recht erfolgt sei. Die fehlende Besicherung stelle eine nicht fremdübliche Darlehensbedingung dar. Eine Beschränkung auf sog. Preisberichtigungen lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entnehmen. Die Vorschrift entfalte insoweit keine Sperrwirkung, vielmehr ermögliche sie auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf. Auch das Unionsrecht stehe der Einkünftekorrektur mit Blick auf das EuGH-Urteil vom 31.05.2018 C-382/16, IStR 2018, 461 (Rechtssache Hornbach-Baumarkt) nicht entgegen. Der EuGH sah in jenem Urteil die Einkünftekorrektur des § 1 Abs. 1 AStG grundsätzlich als mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar an. Dem Steuerpflichtigen müsse aber die Möglichkeit des Nachweises zustehen, dass die nicht fremdüblichen Bedingungen aus wirtschaftlichen Gründen vereinbart wurden, die sich aus der Gesellschafterstellung ergeben.

Nach Auffassung des BFH sind die wirtschaftlichen Gründe für das fremdunübliche Darlehen (wirtschaftliches Eigeninteresse und Finanzierungsverantwortung) gegen andere Umstände, wie z.B. die strukturelle Nähe zur Eigenkapitalausstattung, abzuwägen. Hiernach kam im Streitfall eine Einschränkung der Berichtigung nach § 1 Abs. 1 AStG nicht in Betracht. Der Verzicht auf die Rückzahlung eines Darlehens sei auf einen Kapitaltransfer gerichtet, was unmittelbar Auswirkungen auf die Vermögens- und Liquiditätslage der betroffenen Unternehmen habe. Dies sei bei der Abgabe einer unentgeltlichen Patronatserklärung, die dem EuGH-Urteil zugrunde gelegen hatte, nicht der Fall.

Bedeutung für die Praxis | In der Praxis dürfte die neue Rechtsprechung des I. Senats des BFH erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften durch inländische Gesellschafter haben. Allerdings ist zu beachten, dass in den Fällen den Darlehensverzichts einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihrer Tochter entsprechende Teilwertabschreibungen durch Änderung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ohnehin nicht mehr steuerlich anzuerkennen sind.