Global Taxes Beschränkte Steuerpflicht
Stephan Kudert

Besteuerung ausländischer Immobilienkapitalgesellschaften durch das JStG 2018

ATAD-Umsetzung – Die Zeit drängt! Der steuerliche Gesetzgeber muss Teile der ATAD noch in 2018 in nationales Recht umsetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Neukonzeption der Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. Klapdor, Global Taxes, TLE-020-2018). Daher verwundert es, dass der Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 2018 eine Vielzahl kleinteiliger Veränderungen enthält, die zentralen Baustellen des internationalen Steuerrechts hingegen ausspart. Zu den Änderungen gehören auch Erweiterungen des § 49 EStG, also der Definition inländischer Einkünfte (für beschränkt Steuerpflichtige). Insbesondere die Adjustierungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e EStG wirft Fragen auf.

Erweiterung der Definition inländischer Einkünfte

Die Norm erfasst künftig nicht mehr nur Veräußerungserfolge aus Anteilen i.S. des § 17 EStG, sofern die Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder den Ort der Geschäftsleitung im Inland unterhält (sublit. aa) bzw. wenn beim Erwerb § 13 Abs. 2 UmwStG, § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 UmwStG oder § 17 Abs. 5 S. 2 EStG Anwendung gefunden hat. Vielmehr sollen künftig auch Erfolge aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaften erfasst werden, wenn „deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren“.

Worum geht es?

Der Sinn dieser Regelung erschließt sich im Lichte des § 13 Abs. 4 Verhandlungsgrundlage (VHG), der sog. Immobilienkapitalgesellschaften betrifft. Dies ist erklärungsbedürftig: Grundsätzlich ist es deutsche Abkommenspolitik, dass nach Art. 13 Abs. 1 VHG Veräußerungserfolge bei Immobilien im Belegenheitsstaat besteuert werden dürfen, während die Veräußerungserfolge bei Anteilen an Kapitalgesellschaften nach Art. 13 Abs. 5 VHG im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters besteuert werden. Dies führte früher zu steuerlichen Umgehungshandlungen, indem etwa der nicht Gebietsansässige keine Immobilie in Deutschland erwarb, sondern eine ausländische Kapitalgesellschaft (i.d.R. Ltd., B.V. oder S.a.r.l.) zwischenschaltete und später anstatt der Immobilie die Anteile an der ausländischen Kapitalgesellschaft veräußerte. Damit wurden die stillen Reserven, die sich in der Immobilie gebildet hatten, der deutschen Besteuerung entzogen.

Die Klausel für Immobilienkapitalgesellschaften in Art. 13 Abs. 4 VHG soll genau dies verhindern. Besteht das (Aktiv)-Vermögen der Kapitalgesellschaft überwiegend aus unbeweglichem Vermögen, steht dem Belegenheitsstaat der Immobilie(n) abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu.

Lücke soll geschlossen werden

Ärgerlich aus Sicht des deutschen Fiskus ist an Art. 13 Abs. 4 VHG, dass Deutschland in dieser Konstellation zwar abkommensrechtlich eine Besteuerungsrecht zugesprochen bekommt, dies aber nicht ausfüllen kann, weil schlicht keine inländischen Einkünfte i.S.d. § 49 EStG vorliegen, sofern es sich um eine ausländische Kapitalgesellschaft handelt. Gleiches gilt, wenn kein DBA anwendbar ist. Diese Lücke soll durch das JStG 2018 geschlossen werden. Der nationale Gesetzgeber vollzieht also nach, was abkommensrechtlich erlaubt ist. Damit werden aber auch Anteile an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften erfasst, selbst wenn sie geringer als 1 % sind.

Die 365-Tage-Regel im neuen § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e EStG dient dazu, schlichte Steuervermeidungsstrategien zu verhindern. So wäre es etwa denkbar, dass die Kapitalgesellschaft kurz vor der Veräußerung des Anteils ein Darlehen aufnimmt und die Mittel einfach im Umlaufvermögen (Girokonto) behält. Damit könnte die Tatbestandsvoraussetzung „zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruht“ umgangen werden. Genau dies soll die 365 Tage Regel verhindern.

Offene Fragen | Diskussionswürdig an der Erweiterung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e EStG sind mehrere Fragen: Zunächst fragt sich, wie hoch das künftige Steueraufkommen aus dieser Erweiterung der inländischen Einkünfte sein wird. Unterstellt man, dass die Veräußerer selbst ausländische Kapitalgesellschaften sind, würde bei der Veräußerung § 8b Abs. 2 KStG greifen und die Besteuerung liefe weitestgehend (bis auf die Wegelagerersteuer) ins Leere. Dem zusätzlichen Steueraufkommen stehen erhebliche Complianceprobleme gegenüber. So ist schon im Ansatz unsicher, ob eine Kapitalgesellschaft in einem Drittstaat, die an einer ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, oder die dortige Finanzverwaltung überhaupt in Erwägung ziehen, dass mit der Veräußerung der Gesellschaftsanteile in Deutschland eine Steuerpflicht ausgelöst wird. Mit Vollzugsdefiziten ist wohl zu rechnen. Auch die Ermittlung der 50 % Grenze wird in der Praxis zu Rechtsstreitigkeiten führen. Wahrscheinlich wäre es sinnvoller gewesen, auf die Erweiterung des § 49 EStG einfach zu verzichten.