Tax Compliance Steuerplanung
Thomas Egner

Inwieweit eine weniger korrekturanfällige Einkünfteabgrenzung das Tax Compliance Verhalten positiv beeinflusst!

Das Bundesfinanzministerium hat im Rahmen der Ausschreibung eines Forschungsvorhabens zu den Auswirkungen der Digitalisierung der Bestimmung und Prüfung von Verrechnungspreisen auch die Teilfrage gestellt, inwieweit durch alternative (schematische) Ansätze eine willkürfreie Zuordnung der Wertschöpfung erfolgen kann und dabei gleichzeitig durch eine Minderung der Korrekturanfälligkeit von Verrechnungspreisen „die Neigung zur Steuerunehrlichkeit reduziert werden“ und „das Tax Compliance Verhalten positiv beeinflusst werden könnte“.

Diese Ausschreibung enthält offen formuliert die Unterstellung der Steuerunehrlichkeit und eines mangelnden Tax Compliance Verhaltens in einem komplexen steuerlichen Thema mit wenig anwenderfreundlichen Verwaltungsregelungen.

Die Funktion der Verrechnungspreise

Bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen fehlt regelmäßig der Interessengegensatz fremder Dritter, sodass Gewinnverlagerungen durch marktunübliche Preise möglich erscheinen. § 1 Abs. 1 AStG ordnet deshalb an, dass in solchen Fällen eine Preisbestimmung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen hat.

Der Gesetzgeber stellt an die Verrechnungspreis-Ermittlung hohe Anforderungen (siehe BMF v. 12.04.2005, BStBl. I, 570). Für die Unternehmen entstehen bei Verstößen in materieller und formaler Hinsicht erhebliche Risiken. Werden die Dokumentationspflichten nach § 90 Abs. 3 AO nicht erfüllt, kann nach § 162 Abs. 3 AO im Rahmen einer Hinzuschätzung der Rahmen der Preispannen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Zudem können nach § 162 Abs. 4 AO bei unverwertbaren (oder fehlenden) Aufzeichnungen Zuschläge von mindestens 5.000 € bis zu 10 % der Einkommenserhöhung ausgesprochen werden. Bei verspäteter Vorlage können sich Zuschläge von bis zu 1 Mio. € ergeben.

Beachte | Im Ergebnis bestehen erhebliche Risiken bei Compliance-Verstößen, die aus Sicht der Finanzverwaltung notwendig erscheinen, um den (Preis)Gestaltungsanreiz in Konzernstrukturen einzuschränken.

Methodenauswahl

Für das Compliance-Problem von grundsätzlicher Bedeutung ist, dass die Bestimmung von Verrechnungspreisen keine exakte Wissenschaft ist, vielmehr besteht eine Bandbreite möglicher Preise. In der Regel kommt dabei der hypothetische Fremdvergleich zur Anwendung, da keine marktgängigen Lieferungen oder Leistungen zu Grunde liegen. Dementsprechend ungenau sind die verfügbaren Standardmethoden nach § 1 Abs. 3 AStG. Nur in Ausnahmefällen können nach Rz. 3.4.10.3 des BMF-Schreibens vom 12.4.2005 die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode oder Gewinnaufteilungsmethode Verwendung finden.

Seitens der Unternehmen ist in der Regel geschäftsvorfallbezogen zu dokumentieren, warum eine der Methoden zur Preisbestimmung ausgewählt und für geeignet angesehen wurde (§ 2 GAufzV). Der Umfang der Dokumentationspflichten wird bei einer Funktionsverlagerung deutlich, da nicht nur die tatsächliche Transaktion zu beschreiben, sondern auch auf alternativ bestehende Handlungsmöglichkeiten einzugehen ist (§ 3 Abs. 2 FVerlV).

TCMS und Konzernverrechnungspreise

Das Verrechnungspreis-Management im Konzern bedarf konzerneinheitlicher Verrechnungspreisrichtlinien, deren Koordination dem TCMS unterliegen sollte. Dem Compliance-Verhalten im Konzern dient auch der Abschluss von bilateralen Advance Pricing Agreements (APA), da stets mindestens zwei Konzernunternehmen und Fiskalverwaltungen betroffen sind. Dementsprechend müssen in der Regel strafbewehrte Compliance-Verstöße nach zwei Regularien verhindert werden, sodass in bilateralen APAs ein sinnvolles Compliance-Instrument zu sehen ist, da Gegenberichtigungen und Verständigungsverfahren äußerst aufwändig und nur bedingt erfolgversprechend sind.

Zudem geht die Aufgabe des TCM über die steuerliche Ebene hinaus, da auch Bereiche zu erfassen sind, die steuerlich relevante Informationen erstellen. Verrechnungspreise bilden auch die Grundlage der Unternehmenssteuerung und des Controllings. Die Finanzverwaltung greift zur Prüfung der steuerlichen Verrechnungspreise auf diese Informationen zurück, um deren Konsistenz im Konzern zu prüfen.

Typisierende Verrechnungspreismethoden

Das Spannungsverhältnis zwischen (zulässiger) Steuergestaltung und Fiskalinteresse der Finanzverwaltung liegt im Bandbreitenproblem der Verrechnungspreise begründet. Das Compliance-Management erfordert deshalb umfangreiche Dokumentationen. Eine typisierende Verrechnungspreis-Ermittlung könnte hier Erleichterung schaffen.

Grundlage einer Typisierung könnte eine auf Schlüsselgrößen basierende Profit Split Methode bilden. Die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode ist zwar bereits heute als Ausnahmeregelung zulässig, jedoch aus Compliance-Sicht nicht unproblematisch, weil deren Anwendung umfangreiche Begründungen nach sich zieht und die Dokumentationserfordernisse somit keine Erleichterung bringen.

Auf einen schlüsselgrößenbasierten Profit Split greift die Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) zurück. Ein Grund für den Richtlinienvorschlag lag in der Hinfälligkeit von Verrechnungspreisen im Konsolidierungskreis und dem dadurch sinkenden Gestaltungspotenzial zur Gewinnverlagerung in niedrigbesteuernde Staaten. Allerdings ergibt sich eine positive Compliance-Wirkung nur dann, wenn die Dokumentationspflichten entsprechend eindeutig und einfach zu erfüllen sind. Dies hängt nicht zuletzt von den gewählten Schlüsselgrößen ab. Ob dies bei den GKKB-Größen Vermögen, Umsatz und Löhne der Fall ist, darf bezweifelt werden. Zudem ist offensichtlich, dass Schlüsselgrößen, die einfach und eindeutig zu erfassen und zu dokumentieren sind, keine sinnvolle Grundlage für einen wertschöpfungsbasierten Profit Split bilden. Die Diskussion um die Einbeziehung des immateriellen Vermögens im Rahmen der GKKB hat dies bereits hinlänglich gezeigt.

Hinweis | Auch die USA als Referenz – dort ist die Profit Split-Methode im Zuge des Beste Practice-Ansatzes gleichberechtigt zu den anderen Methoden anwendbar – belegen dies, ist doch gerade dort der Abschluss von APAs als Compliance-Instrument verbreitet und zu empfehlen.

Fazit | Verrechnungspreise bieten (legales) Gestaltungspotenzial, da Fremdvergleichspreise selten eindeutig sind, sondern in der Regel Bandbreiten möglicher Preise aufzeigen. Die Finanzverwaltung sieht hierin ein Compliance-Problem und forciert die Suche nach einfacheren Gewinnverteilungsmethoden. Selbst wenn dies gelingen sollte, verbleiben zum einen weiterhin erhebliche Dokumentationspflichten, zum anderen wird die „bessere“ Compliance der Unternehmen durch eine schlüsselgrößenbasierte Gewinnverteilung erkauft. Inwieweit die Finanzverwaltung eine dann resultierende Gestaltung der Schlüsselgrößen als Compliance-konform einstuft, darf zumindest in Frage gestellt werden.