Global Taxes Steuerplanung
Ralf Klapdor

Offenlegungspflichten bei Steuergestaltungsmodellen

Im BEPS-Aktionspunkt 12 ist eine Anzeige- bzw. Offenlegungspflicht für aggressive Steuergestaltungsmodelle vorgesehen. Auch in Deutschland wird seit Ende 2016 in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe über Auskunftspflichten für grenzüberschreitende wie auch rein nationale Steuergestaltungsmodelle kontrovers diskutiert.

Steuergestaltungen sind legitim

Eine entsprechende Berichtspflicht wird von Beratern und Unternehmen tendenziell kritisch gesehen, da zusätzliche bürokratische Bürden und eine hohe Rechtsunsicherheit befürchtet werden. Dabei ist auch zu betonen, dass seitens des BVerfG mehrfach festgestellt wurde, dass jeder Steuerpflichtige seine Angelegenheiten so einrichten darf, dass er möglichst wenig Steuern zahlen muss. Mithin ist die Steuergestaltung an sich grundsätzlich legitim. Darüber hinaus sind Gestaltungen häufig sogar vom Steuergesetzgeber erwünscht, zum Beispiel im Rahmen von Lenkungsnormen. Auf der anderen Seite sind Offenlegungen aggressiver Steuergestaltungsmodelle nachvollziehbar, da die im Rahmen von BEPS betrachteten Gestaltungen internationaler Konzerne einen Wettbewerbsnachteil für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bedeuten. Auch wird die Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt und die Steuermoral durch eine gefühlte Ungerechtigkeit der Besteuerung gefährdet.

EU-Kommission konkretisiert Berichtspflicht

Die EU-Kommission hat nun mit dem Vorschlag für eine Erweiterung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (2011/16/EU) einen konkreten Vorschlag vorgelegt, wie innerhalb der EU für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle eine Berichtspflicht aussehen könnte. Dabei regelt die Richtlinie unmittelbar nur den Austausch der Informationen zwischen den Mitgliedstaaten, gibt aber den Mitgliedstaaten auch auf, innerstaatlich die Voraussetzungen für eine Berichtspflicht von Intermediären zu schaffen.

Die Berichtspflicht trifft primär die Intermediäre, also Steuer- oder Rechtsberater, die mit der Konzeption von Steuergestaltungsmodellen befasst sind. Wenn die Intermediäre einer rechtlich normierten Schweigepflicht unterliegen oder außerhalb der EU ihren Sitz haben, trifft die Berichtspflicht das Unternehmen selber. Es ist positiv zu werten, dass das besondere Vertrauensverhältnis, soweit es rechtlich geschützt ist, auch bei den neuen Berichtspflichten geachtet wird.

Für die Berichtspflicht selber wird der Gegenstand über einen Katalog (Anhang IV) definiert. Hier werden im Sinne eines multi-step-approach allgemeine Kennzeichen, die eher die Rahmenbedingung beschreiben (Vertraulichkeitsklausel, Standardformblätter), mit spezifischen Kennzeichen (Verlustnutzung, Ansässigkeit von Zahlungsempfängern) kombiniert. Verglichen mit einer abstrakten Definition von Steuergestaltungsmodellen ist diese Vorgehensweise im Grundsatz zu begrüßen, da unterschiedliche nationale Auslegungen eingeschränkt werden.

Beachte | Es sollte jedoch im Abgleich von Richtlinien- und Anhangtext konkretisiert werden, dass stets der „main benefit“ Text unter Einschluss der Allgemeinen Kennzeichen und mindestens einem spezifischen Kennzeichen vorliegen muss. Auch die vorgesehene Ermächtigung der Kommission, autonom den Anhang verändern zu können, begegnet Bedenken.

Fazit | Das generelle Fazit über den Richtlinienvorschlag ist ungeachtet der Bedenken positiv. Er weist einen grundsätzlich gangbaren Weg, wie das postulierte Bedürfnis nach mehr Transparenz über eingesetzte Steuergestaltungsmodelle befriedigt werden kann. Es wäre jedoch auch wünschenswert, wenn in der fachlichen Diskussion noch weitere Schärfungen erzielbar wären.

Es wäre insbesondere sinnvoll, wenn die Bundesregierung, speziell nach der bevorstehenden Bundestagswahl, die Berichtspflichten über Steuergestaltungsmodelle zunächst auf die konkrete Umsetzung der Richtlinie beschränken würde. Der in den letzten Jahren gezeigten Tendenz, bei der Umsetzung europäischer Vorgaben gerne noch umfangreicher und perfekter werden zu wollen, sollte widerstanden werden. Dies gilt insbesondere für die in der Diskussion häufiger aufgetauchte Überlegung, Berichtspflichten auch auf rein nationale Gestaltungen auszudehnen. Damit würde eine Vielzahl von kleinen Unternehmen wie auch Steuerberatern in eine Berichtspflicht aufgenommen werden, die hinsichtlich der Genese dieser Regelung nichts mit dem Regelungsanlass zu tun haben. Es würde die Gefahr drohen, dass bei jedem Beratungsfall zu prüfen wäre, ob eine ähnliche Gestaltung eventuell schon einmal empfohlen wurde und damit ein Gestaltungsmodell vorliegt.

Auch wäre mehr als fraglich, ob die Finanzverwaltung die Flut von Meldungen, die eventuell auch nur zur rechtlichen Absicherung erfolgen würden, überhaupt administrieren könnte. Insoweit ist die in dem Gutachten des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen für das BMF vertretene Meinung, eine Offenlegungspflicht solle nicht auf grenzüberschreitende Gestaltungen begrenzt werden, äußerst bedenklich.