Prof. Jürgen Brandt
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Unionsrechtliche Vorgaben für die Anpassung nationalen Rechts an das Gemeinschaftsrecht
Im Spannungsverhältnis zwischen Unionsrecht und mitgliedstaatlichen Regelungen hat sich in der jüngeren EuGH-Rechtsprechung häufiger im Nachgang zur Feststellung von Verstößen nationalen Rechts gegen Gemeinschaftsrecht durch den EuGH die Frage gestellt, ob diese Verstöße durch folgende mitgliedstaatliche Rechtsakte unionsrechtskonform beseitigt oder ihre Folgen – wie eine rechtswidrige Steuererhebung – angemessen rückabgewickelt worden sind. Dies gilt auch für die Frage, ob eine solche Gemeinschaftsrechtswidrigkeit auch dann noch geltend gemacht werden kann, wenn sie zuvor in rechtskräftig gewordenen gerichtlichen Entscheidungen verneint wurde.
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Rechtswegfragen in datenschutzrechtlichen Streitigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung
Nach Auffassung des BFH ist ein Anspruch Steuerpflichtiger auf Auskunft zu Daten in Steuerfahndungsberichten sowie auf Löschung solcher Daten vor den Verwaltungsgerichten zu verfolgen; dagegen bejaht das OVG NW für Klagen auf Auskunft über Inhalte von „außerhalb regulärer Besteuerungsvorgänge geführter“ Sonderakten wie auch für Ansprüche auf Löschung der Inhalte die Zuständigkeit der Finanzgerichte.
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Steuergeheimnis und presserechtlicher Auskunftsanspruch – Urteil des BVerwG vom 29. 8. 2019 -7 C 33/17
Sind Gegenstand eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs steuerliche Sachverhalte bestimmter Personen, kann deren Offenlegung mit Blick auf den Schutz entsprechender Daten durch das Steuergeheimnis nach § 30 AO bei einem zwingenden öffentlichen Interesse gem. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO verlangt werden. Dieses Merkmal „zwingendes öffentliches Interesse“ ist nach dem Urteil des BVerwG vom 29.8.2019 -7 C 33/17 hinreichende Grundlage für den gebotenen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an der Vertraulichkeit der vom Steuergeheimnis geschützten Daten einerseits und gegenläufigen öffentlichen Interessen unter Berücksichtigung des durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geschützten Informationsinteresses der Presse andererseits.
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EU-rechtliche Grenzen der Wegzugsbesteuerung von Angehörigen der EU-Mitgliedstaaten bei Wegzug in Nicht-EU-Staaten
Nach der Entscheidung des EuGH vom 26.2.2019 (Urteil der Großen Kammer, C 581/17-DStR 2019, 284) ist eine mitgliedstaatliche Regelung wie § 6 AStG EU-rechtswidrig, die eine für latente Wertzuwächse von Gesellschaftsanteilen eines Staatsangehörigen geschuldete Steuer im Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung in ein (auch nicht zum EWR-Raum gehörendes) Nicht-EU-Land (wie die Schweiz) erhebt, wenn die EU mit diesem Land ein Freizügigkeitsabkommen (im entschiedenen Fall mit der Schweiz) abgeschlossen hat und der Staatsangehörige bei Verbleib im Mitgliedstaat erst bei Realisierung der Wertzuwächse besteuert würde.