Global Mergers & Transactions Due Diligence
Friedrich Sommer

Vendor Due Diligence: Glaubwürdig für Käufer und lohnenswert für Verkäufer?

Bei der Vendor Due Diligence beauftragt der Verkäufer einen unabhängigen Dritten damit, Informationen zu Chancen und Risiken des Transaktionsobjekts nicht nur kritisch darzulegen, sondern auch zu bewerten und zu würdigen – so als wäre die Prüfung nicht vom Verkäufer, sondern von einem potenziellen Käufer beauftragt worden. Der Vendor Due Diligence-Bericht wird als Ergänzung der sonstigen vom Verkäufer vorgelegten Dokumente (z. B. Informationsmemorandum oder Fact Books) zur Verfügung gestellt.

Die Darstellung negativer Sachverhalte im Vendor Due Diligence-Bericht kann zu einer Kaufpreissenkung führen. Deshalb stellt sich die Frage, welche Ziele Verkäufer mit einer Vendor Due Diligence (VDD) verfolgen. Für potenzielle Käufer wiederum stellt sich die Frage, inwieweit diese einem Bericht Glauben schenken sollten, der vom Verkäufer beauftragt und bezahlt wurde.

Ziele des Verkäufers

Vorteilhaft für den Verkäufer kann eine höhere Interessentenzahl durch die VDD sein. Die VDD senkt Transaktionskosten für potenzielle Käufer, was die „Hemmschwelle“ für einen Eintritt in den Transaktionsaktionsprozess senkt. Insbesondere bei der Ansprache von Finanzinvestoren kann dies ein relevantes Ziel sein.

Ferner können durch die VDD Teile der eigentlichen Due Diligence zeitlich vorverlagert werden. Somit besteht die Möglichkeit, den eigentlichen Transaktionsprozess zu verkürzen. Gleichzeitig werden Informationen nur einmal erhoben, die dann an mehrere potenzielle Käufer verteilt werden können. So kann das Ziel reduzierter Störungen im laufenden Geschäft des Transaktionsobjekts verfolgt werden.

Vertrauenswürdigkeit

Um die genannten Ziele des Verkäufers zu erreichen, müssen Kaufinteressenten die Inhalte der VDD als vertrauenswürdig einstufen und auf eigene Prüfungen verzichten. Damit muss der Bericht unabhängig und unbeeinflusst von der Interessenlage des Verkäufers sein. Deshalb werden primär Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit der VDD beauftragt, deren Unabhängigkeit in der Wirtschaftsprüferordnung verankert ist. Auch Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberater bzw. Steuerberatungsgesellschaften und Unternehmensberatungen treten – teilweise ergänzend – in Erscheinung. Empirisch zeigt sich allerdings auch, dass der VDD-Bericht zumindest teilweise – wenn auch in unterschiedlichen Schattierungen – vom Verkäufer beeinflusst und nicht immer zu 100% aus Käuferperspektive erstellt wird. Dies mag eine gewisse Skepsis von Kaufinteressenten der VDD gegenüber erklären. Hier ist sicherlich die individuelle Reputation der VDD-Erstellenden wesentlich.

Analyseumfang

Bei der Beauftragung der VDD sind die möglichen Kaufinteressenten mit ihrem spezifischen Informationsbedarf noch nicht bekannt. Dies spiegelt sich auch in den Inhalten der VDD wider. Der Fokus liegt zunächst auf Financial, Tax und Legal Due Diligence. Die Financial Due Diligence erfolgt in aller Regel ausführlich, da entsprechende Informationen für alle Kaufinteressenten interessant sind. Tax und Legal Due Diligence sind bei der VDD sogar (noch) weiter verbreitet als bei der Buy-Side Due Diligence. Gründe hierfür können sein, dass der spezifische Informationbedarf heterogener ist und insbesondere im rechtlichen Bereich das Ziel der Beschleunigung des Verkaufsprozesses verfolgt wird.

Mitarbeitergütungssysteme, Kompetenzen und Potenzial der Mitarbeiter sowie Mitarbeiterstrukturen stehen im Fokus der Human Resource VDD. Commercial, Organizational und Operational Due Diligence sind ebenfalls relativ weit verbreitet. Informationen über Markt und Wettbewerb sowie Kosteneinsparpotenziale dürften hierbei vor allem dem Ziel dienen, Finanzinvestoren anzusprechen, denen diese Informationen nicht automatisch vorliegen.

Spezifische Anwendungsbereiche

Eine VDD ist sinnvoller und wird häufiger beauftragt, wenn der Verkäufer über geringe Transaktionserfahrung verfügt, gezielt Finanzinvestoren angesprochen werden sollen, das Transaktionsobjekt komplex ist und es sich um eine nationale Transaktion (im Gegensatz zu Cross-Border-Transaktionen) handelt. Wenn immateriale Vermögenswerte und damit die Geheimhaltung wettbewerbsrelevanter Informationen eine große Rolle spielen, wird die VDD sinnvollerweise seltener beauftragt.

Beurteilung

Im Durchschnitt führt eine VDD zu einer größeren Auswahl an geeigneten (!) Kaufinteressenten, vor allem auch Finanzinvestoren. Zugleich wird häufiger die Anwendung von Aktionsverfahren ermöglicht. Insbesondere für weniger erfahrene Verkäufer bietet die VDD die Chance, Erfolgspotenziale frühzeitig zu erkennen, den Kaufpreis realistisch abzuschätzen und eine bessere Kontrolle über den Prozess zu behalten. Gleichzeitig erschwert die VDD allerdings die Geheimhaltung.

Fazit | Eine VDD ist sicherlich nicht immer sinnvoll. In den skizzierten spezifischen Situationen kann sie allerdings – unter Berücksichtigung der Reputation des VDD-Erstellenden – lohnend sein, um Kaufinteressierten strukturiert Informationen bereitzustellen.