Global Mergers & Transactions Unternehmenskauf
Sönke Sievers

Kapitalmarktorientierte Erfolgsmessung von M&A Transaktionen – Deutsche und weltweite Evidenz

Die Messung des Erfolgs von M&A-Transaktionen kann auf verschiedene Weisen erfolgen (siehe Schweizer, Global Mergers & Transactions, TLE-006-2018), wobei eine in wissenschaftlichen Studien häufig verwendete Möglichkeit darin besteht, die Ankündigungseffekte auf den Aktienmärkten zu messen. Dies setzt voraus, dass zumindest das kaufende Unternehmen an einer Börse notiert ist, sodass die sogenannte abnormale Aktienrendite ermittelt werden kann.

Wirkung des Ankündigungseffektes

Ziel ist es, die ohne die Transaktion erwartete Rendite mittels eines Models (z.B. gemäß des sogenannte Capital Asset Pricing Models, Sharp, The Journal of Finance, 1964) als Referenzgröße zu bestimmen und diese Rendite von der am Tag der Ankündigung beobachtbaren Rendite zu subtrahieren. Auf diese Weise wird der Ankündigungseffekt (gemessen in der kumulativen abnormalen Überrendite über z.B. einen Drei oder Sieben Tage-Zeitraum um die Transaktionsankündigung) quantifizierbar (im Folgenden als announcement return bezeichnet).

In diesem Kontext wird dokumentiert, dass in weltweiten Datensamples typischerweise die Ankündigungseffekte für Käufer negativ sind (ø -1% von 1990-2015), während das Zielunternehmen mit deutlich positiven announcement returns rechnen kann (ø +15% von 1990-2015). Wenn sich jedoch in der Berechnung der announcement returns für die Käufer auf die letzten Jahre beschränkt wird, zeigt sich, dass der Kapitalmarkt positiv auf M&A Transaktionen reagiert (siehe für die genannten Zahlen den in Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn entstandenen BCG M&A Report 2016: „Masters of the Corporate Portfolio“).

Beachte | Dennoch zeigt sich in allgemeinen Diskussionen häufig das Bild, dass M&A Aktivitäten für die Käufer als wertvernichtend rezipiert werden.

Nachfolgend soll dafür sensibilisiert werden, dass diese gut dokumentierten Fakten immer vor dem Hintergrund der Anforderungen an die Datengrundlage der beobachtbaren Transaktionen zu betrachten sind. Typischerweise finden sich die oben genannten wertvernichtenden Ankündigungseffekte nur, wenn große public-to-public Transaktionen betrachtet werden, sodass zwar ein großer Anteil des gesamten Transaktionsvolumens (üblicherweise ca. 70-80% des in Mrd. US-Dollar gemessenen Wertes aller weltweiten Transaktionen) aber häufig unter 10% der Anzahl aller Transaktionen in der Datengrundlage enthalten sind (Netter/Stegemoller/Wintoki, Review of Financial Studies, 2011, die dies u.a. für die Jahre 1992-2009 dokumentieren).

Großteil der Transaktionen bleibt außen vor

Es ist somit entscheidend zu beachten, dass 90% der Transaktionen in vielen Untersuchungen nicht enthalten sind, diese aus Sicht der Beratungspraxis aber dennoch einen wesentlichen Anteil ausmachen und eine Vielzahl von Unternehmenslenkern sowie Mitarbeitern betreffen. Wenn die typischen Datenanforderungen an M&A Transaktionen gesenkt werden und insbesondere auch der Erwerb von nicht gelisteten sowie kleinen Firmen in die empirischen Auswertungen eingeschlossen werden, ergeben sich andere Befunde (Netter/Stegemoller/Wintoki, Review of Financial Studies, 2011 und Bollaert/Delanghe, Journal of Corporate Finance, 2015), wie die beiden nachfolgenden Grafiken zeigen.

Renditen bei Unternehmensübernahmen weltweit

Abb. 1: Weltweite kumulative abnormale Renditen (eigene Berechnungen)

Abbildung 1 zeigt, dass weltweit für über 136 Tsd. Unternehmensübernahmen, bei denen die Mehrheit erworben wurde, kumulative abnormale Renditen berechnet werden können und diese bereits seit 1991 positiv sind. Mit anderen Worten werden Unternehmenskäufe über den Zeitraum von 1990 bis 2016 im Mittel mit 0,94% announcement return belohnt. Dieses Ergebnis hat Bestand, wenn die kleinen Transaktionen mit einem Deal-Value geringer als 25 Mio. US-Dollar entfernt werden, obwohl dann ca. 97.000 Transaktionen und somit 71% aus dem Datensample herausgefiltert werden. Entscheidend für die Beobachtung negativer announcement returns ist die Einschränkung auf sog. public-to-public Transaktionen, sprich es wird für das Datensample verlangt, dass auch das Zielunternehmen börsengelistet ist. In diesem Fall verbleiben nur noch 8% (11.014 Unternehmen) in der Berechnung, die im Schnitt mit einem negativen announcement return von -0,29% belegt werden.

Hinweis | Wenn nun zusätzlich wieder die Transaktionen mit einem Wert kleiner als 25 Mio. US-Dollar eliminiert werden, sinkt der CAR sogar auf -0,78%.

Renditen der Transaktionen in Deutschland

Abb. 2: Kumulative abnormale Renditen von deutschen Käuferunternehmen (eigene Berechnungen)

Lassen sich diese Befunde auch auf Deutschland übertragen? Abbildung 2 bejaht diese Frage. In dieser Grafik wird die Analyse für in Deutschland inkorporierte Käuferunternehmen wiederholt. Auch hier zeigt sich, dass wenn keine Filter – bis auf die Tatsache, dass der Käufer ein börsengelistetes Unternehmen ist – gesetzt werden, also insbesondere der Mehrheitserwerb von kleinen und unter Umständen privaten Unternehmen oder nicht gelisteten Tochterunternehmen inkludiert wird, M&A Aktivitäten seit den 90er Jahren mit Ausnahme des Jahres 2000 als durchweg gewinnbringend gewertet wurden. Dieses Ergebnis scheint vor dem Hintergrund der Stichprobengröße von 3.777 Beobachtungen belastbar. Wenn nun nur deutsche public-to-public Transaktionen (sprich ein deutsches Unternehmen erwirbt irgendwo auf der Welt ein anderes börsengelistetes Unternehmen) betrachtet werden, ist das Datensample mit im Mittel weniger als zehn Beobachtungen im Jahr sehr klein, aber auch hier findet sich ein deutlicher Abfall der abnormen Rendite auf 0,39%.

Fazit | In praxi werden M&A Aktivitäten häufig als nicht werterhöhend am Ankündigungstag wahrgenommen. Dieses Ergebnis beruht auf einer Vielzahl von Studien, die zur Beantwortung ihrer jeweiligen Forschungsfrage sowohl vom kaufenden Unternehmen als auch vom Zielunternehmen einen großen Datenumfang (wie z.B. Aktienmarktkapitalisierungen, Rechnungswesendaten etc.) benötigen, so dass die verbleibende Stichprobe zwangsläufig verhältnismäßig klein wird und weniger als 10% aller (weltweiten) Transaktionen umfasst. Dies kann zu verzerrten – im Sinne von nicht generalisierbaren – Erkenntnissen führen. Am Beispiel der announcement returns von weltweiten und deutschen Unternehmenskäufen wurde gezeigt, dass M&A Aktivitäten seit den 90er Jahren als werterhöhend vom Kapitalmarkt wahrgenommen werden und somit der sogenannten market-for-corporate control positiv gesehen wird.