Global Mergers & Transactions Weltwirtschaft
Stefan Bruckbauer

Die Risiken für die Weltwirtschaft steigen

Bisher brachte das zweite Halbjahr 2019 nicht die erhoffte Entlastung der Weltwirtschaft, im Gegenteil, einige Konflikte haben sich in den letzten Wochen eher verschärft als reduziert. Dementsprechend kam es beim realen globalen Warenhandel erneut zu einem Rückgang, wobei besonders die Dynamik in den Schwellenländern sich reduzierte. Dazu kam noch der Angriff auf die Ölproduktionsanlagen Saudi Arabiens Mitte September, dessen langfristige Folgen derzeit noch nicht abschätzbar sind.

Unabhängig von der Entwicklung im Nahen Osten, von der wir derzeit annehmen, dass sie nur kurzfristig den Ölpreis belastet, sieht die Welt zu Beginn des Herbstes 2019 folgendermaßen aus:

USA steht milde Rezession bevor

In den USA besteht eine mehr als 50-prozentige Chance einer milden Rezession im ersten Halbjahr 2020. Aus heutiger Sicht erscheint es eher unwahrscheinlich, dass der Präsident ein sehr großes Fiskalpaket, d.h. eine weitere starke Ausweitung des öffentlichen Defizits, durch den Kongress bringt, mit dem eine milde Rezession verhindert werden kann. Zum einen liegt das öffentliche Defizit der USA bereits bei fast fünf Prozent und zum anderen würde die Wirkung eines solchen Pakets wohl erst später einsetzen. Die Finanzmärkte haben die bevorstehende Rezession zumindest teilweise bereits eingepreist, die langfristigen Zinsen von zuletzt 1,8 Prozent sind deutlich unter die kurzfristigen Zinsen von derzeit 2,1 Prozent gefallen. Auch die Notenbank, die Fed, hat mit Zinssenkungen begonnen, die sich auch in den nächsten Monaten noch fortsetzen werden und die kurzfristigen Zinsen in den USA in Richtung 1,25 Prozent bringen werden.

Auch wenn die Abschwächung der US-Wirtschaft zyklisch bedingt ist, d.h. vor allem durch die bereits lange Dauer des Aufschwungs, der nun mit 123 Monaten der längste Aufschwung der Geschichte der USA seit 1857 ist, wird sie auch durch die Handelspolitik der USA belastet, die zuletzt rückläufigen Exporte speziell nach China tragen ebenfalls zur konjunkturellen Abschwächung bei. Zusätzlich erschwert die Politik auch die wirtschaftliche Entwicklung in China, wo die Versuche einer stabilitätsorientierteren expansiven Geldpolitik aufgrund der globalen Entwicklung beendet und zum Teil revidiert wurden. Damit zeigt China wieder erste Anzeichen einer konjunkturellen Verbesserung.

Zustimmung trübt sich weiter ein

Auch beim Thema Brexit kam es bisher zu keiner Lösung, im Gegenteil, die neue Regierung unter Premierminister Johnson brachte zusätzliche Unsicherheiten. Somit haben sich die globalen Rahmenbedingungen für den Euroraum über den Sommer eher verschlechtert als verbessert und die meisten Stimmungsindikatoren, allen voran in den starken Exportländern wie Deutschland, trübten sich weiter ein. Speziell in der Industrie ist die Stimmung gesunken und im Euroraum seit Februar 2019 im negativen Bereich. In Deutschland, wo die Stimmung der Industrie bereits seit Jahresbeginn negativ ist, ist sogar mit einer technischen Rezession zu rechnen, d.h. dass auch das dritte Quartal so wie das zweite, negatives Wachstum zeigen könnte. Dies verwundert nicht, da die deutsche Wirtschaft heute mehr denn je von ausländischer Nachfrage abhängig ist und speziell Asien, allen voran China, eine größere Bedeutung hat. Der Anteil der Wertschöpfung der deutschen Industrie, der im Ausland abgesetzt wird, stieg in den letzten zehn Jahren von 50 Prozent auf knapp über 60 Prozent, wobei fast die Hälfte des Anstiegs auf den Absatz in China zurückzuführen war, während die relative Bedeutung des EU Binnenmarktes sogar zurückging.

Ausblick | Auch wenn die Angst, die Wirtschaft im Euroraum würde in eine starke Abschwächung tauchen, aus heutiger Sicht unbegründet ist, sind die Risiken doch gestiegen. Und angesichts der globalen Belastungen ist es verständlich, dass die Wirtschaftspolitik reagieren sollte. Bisher tut dies nur die Geldpolitik, die bereits sehr ausgereizt erscheint. Die von der EZB angekündigte nochmalige Senkung der Zinsen auf -0,5 Prozent und vor allem das erneut gestartete Anleiheankaufprogramm haben zwar relativ starke Wirkung auf die Zinskurve, d.h. die langfristigen Zinsen könnten noch länger so tief bleiben, die Wirkung auf die Konjunktur bleibt aber eher gering. Allerdings bietet der niedrige Zinssatz für langfristige Anleihen noch mehr Spielraum für die Staaten zu stärkeren fiskalischen Impulsen. Leider ist jedoch die Bereitschaft dafür noch nicht erkennbar. Offensichtlich müssen die negativen Folgen noch stärker spürbar sein, dass die Politik über ihren Schatten springt.