Tax Compliance Standards
Thomas Egner

Tax Compliance im Handwerk

Tax Compliance und Internes Kontrollsystem (IKS) werden regelmäßig mit Konzernen in Verbindung gebracht, ein Bezug zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wird demgegenüber seltener hergestellt. Hervorzuheben ist deshalb die Handreichung „Tax Compliance für Handwerksbetriebe“, die 2019 durch die Bundessteuerberaterkammer und den Zentralverband des Deutschen Handwerks herausgegeben wurde.

Wie sieht es aber tatsächlich mit der Bedeutung der Tax Compliance mit entsprechendem IKS für Handwerksbetriebe aus? Welche Chancen, aber auch welche Risiken bestehen für das Handwerk und vor allem, welche Besonderheiten sind zu beachten, denn die Ertragsbesteuerung bei Personenunternehmen weist häufig eine enge Verflechtung der Betriebs- und Privatsphäre des Unternehmers bzw. Gesellschafters auf.

Warum ist das Thema Tax Compliance und IKS auch für das Handwerk von Bedeutung?

Handwerksbetriebe, in welcher Rechtsform auch immer, unterliegen ebenso wie Konzerne dem Risiko steuerdeklaratorischer Fehler. Spätestens seit dem BMF-Schreiben v. 25.03.2016 (BStBl. I 2016, 490) zu § 153 AO stellt sich auch hier die Frage, inwieweit ein strafbewehrtes Vergehen vorliegt. Ein entlastendes IKS können dabei die wenigsten Handwerksbetriebe vorweisen. Das Interesse, ein solches einzuführen, ist bei den Handwerksbetrieben meist auch nur gering ausgeprägt, wird darin doch zum einen kein unmittelbarer Nutzen gesehen und zum anderen darauf verwiesen, dass man bereits einen Steuerberater bezahle. Darüber hinaus zeigt sich, dass in Umfragen gerade der Mittelstand die übermäßige Bürokratie – dazu werden auch die notwendigen Dokumentationen im Rahmen eines IKS gezählt – als wesentliches Hindernis bei der unternehmerischen Entfaltung ansieht.

Dennoch sollten Handwerksbetriebe über ein Tax Compliance Management System (TCMS) nachdenken. Betriebsprüfungen oder allgemein das Risiko von Steuernachforderungen können existenzbedrohend sein, wenn sich wiederholende Sachverhalte steuerlich falsch beurteilt wurden. Zudem sind die steuerlichen Fragen, die sich im Rahmen des Handwerksbetriebs stellen können, durchaus nicht trivial, zum Beispiel bei der privaten Nutzung von Firmenfahrzeugen oder der Beschäftigung von nahen Angehörigen.

Über diesen Aspekt hinaus ist darauf hinzuweisen, dass durch ein TCMS auch im Rahmen des Risikomanagements der Finanzverwaltung der einzelne Handwerksbetrieb eine positive Beurteilung erzielen könnte. Des weiteren kann dessen Implementierung mit der Digitalisierung der Betriebsprozesse, einschließlich des Rechnungswesens, des Unternehmens einhergehen.

Beachte | Inwieweit ein TCMS bei Handwerksbetrieben zur „Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Steuerung“ dienen kann, wie von der BStBK und dem ZDH erwartet, muss erst die Praxis zeigen. Dies dürfte eher das Resultat einer damit verbundenen Digitalisierung als des TCMS sein. Sollte das TCMS jedoch die Grundlage für die Etablierung einer bisher nicht oder nur rudimentär vorhandenen Unternehmensplanung sein, dann könnte sich auch diese Zielsetzung verwirklichen lassen.

Welche Besonderheiten sind im Handwerksbetrieb zu beachten?

Handwerksbetriebe haben gegenüber Konzernen einen großen Vorteil: eine klare Führungsstruktur. Dies kann die Einführung der Digitalisierung und damit verbunden eines TCMS mit IKS vereinfachen, weil sich keine abteilungsbezogenen Insellösungen entwickelt haben. Allerdings besteht auch ein besonderes Problem. Handwerksbetriebe sind regelmäßig durch das enge, häufig fast schon „familiäre“ Verhältnis des Unternehmensinhabers zu den Mitarbeitern geprägt. Die Einführung eines „Kontrollsystems“ könnte hier auch als Misstrauen verstanden werden und das Betriebsklima belasten. Die Kommunikation mit den Mitarbeitern erhält vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung. Dabei ist davon abzuraten, den Steuerberater als „Alibi“ vorzuschieben, da für die tatsächliche Umsetzung gerade der Unternehmensinhaber den Tax Compliance Gedanken vorleben muss.

Zu den Besonderheiten des Handwerks gehören auch die spezifischen steuerlichen Fragestellungen, die regelmäßig im Rahmen der Betriebsprüfung zu Problemen führen. Neben der privaten Nutzung der Betriebsfahrzeuge stehen häufig Verträge mit Angehörigen, z.B. bei Beschäftigungsverhältnissen oder bei Darlehns- oder Mietverträgen im Mittelpunkt. Dabei wird offensichtlich, dass sich das TCMS nicht nur auf die betriebliche Ebene beziehen kann, sondern auch die private Ebene berücksichtigen muss. Dementsprechend wird häufig keine Bereitschaft seitens des Unternehmensinhabers bestehen, die Verantwortung für das TCMS an einen Mitarbeiter des Unternehmens abzugeben.

Wie lässt sich der Steuerberater einbeziehen?

Vor diesem Hintergrund scheint es überlegenswert, den Steuerberater mit der Einrichtung des TCMS und des IKS zu betrauen, da dieser regelmäßig auch mit dem privaten Umfeld vertraut ist. Allerdings kann die Verantwortung nicht vollständig auf diesen übertragen werden. Zwar ist gerade der Steuerberater dafür prädestiniert, die Steuerrisiken zu identifizieren und auch durch Stichproben das Compliance-Verhalten im Unternehmen zu überprüfen, doch muss die unternehmensinterne Organisation sicherstellen, dass dem Steuerberater alle relevanten Unterlagen zeitnah zugehen. Der Prozessdokumentation im Unternehmen kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Die Digitalisierung ist hierfür wiederum hilfreich.

Die besondere Rolle des Steuerberaters könnte dabei zumindest partiell ausgleichen, dass eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer in der Regel nicht gegeben sein dürfte, da das Unternehmen keiner Prüfungspflicht nach HGB unterliegen wird. Der Steuerberater könnte im Rahmen seiner berufsrechtlichen Möglichkeiten jedoch die Funktionsfähigkeit des TCMS und des IKS des Handwerksbetriebs bestätigen.

Fazit | Tax Compliance Management Systeme sind für Konzerne inzwischen Alltag geworden. Bei Handwerksbetrieben ist dieses Instrument demgegenüber nur wenig bekannt, obwohl die zunehmenden steuerlichen Risiken im Zeitalter eines Risikomanagementsystems der Finanzverwaltung zumindest von den Steuerberatern regelmäßig gegenüber ihren Mandanten kommuniziert werden. Insofern ist die Kooperation der Bundessteuerberaterkammer und des Zentralverbands des Handwerks positiv zu sehen.

Zu beachten sind jedoch die Spezifika der Handwerksbetriebe. Dies umfasst sowohl die relevanten Steuerthemen als auch die notwendige Kommunikation mit den Mitarbeitern sowie die regelmäßig starke Position des Steuerberaters. Auch die besondere Rolle der Unternehmensleitung bzw. des Unternehmensinhabers ist von Bedeutung, da diese/dieser den Gedanken der Tax Compliance vorleben muss, was bei kleineren Unternehmen regemäßig auch die private Ebene betrifft.

Quellenhinweis: Bundessteuerberaterkammer/Zentralverband des deutschen Handwerks: Tax Compliance für Handwerksbetriebe, Berlin 2019.