Tax Compliance Management Systeme
Ludwig Rummel

TAX-Compliance Management System – ein strategischer Baustein für Unternehmen

Im Rahmen der TAX Compliance geht es darum sicherzustellen, dass die Organisation des Steuerpflichtigen so aufgestellt ist, dass alle steuergesetzlichen Verpflichtungen aus Gesetz, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen erfüllt und letztlich die anfallenden Steuern und steuerlichen Nebenleistungen in der richtigen Höhe, zur richtigen Zeit und an den richtigen Gläubiger entrichtet werden. Für diese Zwecke ist es hilfreich, ein separates Tax Compliance Management System als internes Kontrollsystem einzuführen, mit dessen Hilfe die Einhaltung dieser steuergesetzlichen Verpflichtungen sichergestellt werden kann.

Dabei liegt bei der Einrichtung eines solchen Tax-Compliance Management Systems (TCMS) es im Ermessen der Unternehmensführung, in welcher Ausprägung und Detailtiefe das System in der Organisation zu installieren ist. So bilden verschiedene Parameter wie die Rechtsform, Größe und Konzernstruktur sowie eine nationale oder internationale Tätigkeit des Unternehmens im Ergebnis die einzelnen Eckpfeiler des unternehmerischen Ermessenspielraums. Bei aller Detailtiefe wird sich das installierte TCMS im Kern immer daran messen lassen müssen, inwieweit Steuerrisiken aus systemischer Sicht evaluiert, aufgedeckt und vermieden werden.

Beachte | In der Finanzverwaltung und Unternehmenspraxis besteht dazu ein differenziertes Verständnis von Tax Compliance. Aus Sicht der Finanzverwaltung sollen damit vor allem möglichst viele Steuerpflichtige zur eigenmotivierten Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten bewegt werden (vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse/Seer, AO § 85 Rn. 38).

Betriebsprüfer leiten Fehlermeldung schneller an die Straf- und Bußgeldstellen weiter

In den letzten Jahren hat sich aufseiten der Finanzverwaltung das Klima in Bezug auf Fehlerberichtungen und der Nachverfolgung möglicher Steuerverkürzungen bzw. -hinterziehungen wesentlich verschärft. So werden heute wesentlich schneller Fehler, die von der Betriebsprüfung aufgegriffen werden oder Fehlermeldungen gemäß § 153 AO an die Straf- und Bußgeldstellen weitergeleitet. Ebenso wurden von der Rechtsprechung neue Grenzen aufgestellt, ab denen eine Steuerhinterziehung vorliegt. Demnach liegt bereits ab einem verkürzten Steuerbetrag von 50.000 € eine schwere Steuerhinterziehung vor (BGH-Urteil v. 27.10.2015 – 1 StR 373/15).

Mit BMF-Schreiben vom 23. Mai 2016 zu § 153 AO formulierte die Finanzverwaltung ihre Arbeitsanweisungen im Umgang mit Fehlerberichtigungen nach § 153 AO. Demnach kann nicht allein auf Grund der Höhe der steuerlichen Auswirkung automatisch von einer Steuerstraftat ausgegangen werden, Tz. 2.5. Für eine Steuerhinterziehung ist bereits bedingter Vorsatz ausreichend. Ein eingerichtetes TCMS kann als ein Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder Fahrlässigkeit gewertet werden, Tz. 2.6. Mehr als eine Indizwirkung misst der BGH einem internen Kontrollsystem bei. In seinem Urteil vom 09.05.2017, 1 StR 265/16, wurde das Vorliegen eines internen Kontrollsystems erstmals positiv bei der Bemessung der Geldbuße gemäß § 30 OWIG berücksichtigt.

Damit ist die höchstrichterliche Grundlage gelegt, dass einem eingerichteten und funktionsfähigen TCMS mehr als nur eine Indizwirkung zugeschrieben werden muss.

Zum Schluss | In Anbetracht dessen, dass die gesetzlichen Regulierungen in der Zukunft eher zunehmen und die Finanzverwaltung eine konfrontativere Stellung einnimmt, sollte die Exkulpationsmöglichkeit durch ein eingerichtetes TCMS in Unternehmen künftig eine strategische Sonderrolle einnehmen. Nicht zuletzt wirft auch das Reformvorhaben des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) zur Regelung des Unternehmenssanktionsrechts und der Internal Investigations bereits seine Schatten voraus. Angedachte Möglichkeiten wie die zeitweilige Aussetzung der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft unter Fristsetzung zum Zwecke der internen Aufklärung durch das betroffene Unternehmen können mit einem TCMS effektiv unterstützt werden. Auch sollen Unternehmen mit einem eingerichteten und funktionierenden Compliance-System dann die Möglichkeit einer „Verwarnung mit Strafvorbehalt“ erhalten.