Tax Compliance Prozesse
Robert Risse

International Compliance Assurance Programme und Joint Audit

Die Änderungen in nationalen Gesetzen initiiert durch die BEPS Maßnahmen werden verstärkt zu Problemen in Bezug auf Doppelbesteuerungen zwischen den Staaten führen. Um Konflikte in Betriebsprüfungen in den verschiedenen Ländern zu vermieden, wurde das sog. Joint Audit als gemeinsame Betriebsprüfung zweier oder mehrerer Länder eingeführt. Zudem soll das International Compliance Assurance Programme (ICAP, OECD, Pilot Handbook 2018) eine neue Kooperationsform zwischen Ländern und Steuerpflichtigen bewirken.

Wirkungsweise der neuen Initiativen

Am International Compliance Assurance Programme nimmt Deutschland zurzeit wegen zu frühen bzw. fehlender Verifikationsmöglichkeiten nicht teil. Es stellt sich aber ohnehin die Frage, was die neuen Initiativen bewirken können.

In einem Joint Audit bestehen die Betriebsprüfungsteams aus Repräsentanten der Länderfinanzverwaltungen. Die Prüfer fokussieren sich in ihren Prüfungshandlungen auf die kritischen Themen, um die verwaltungstechnische Kooperation zu stärken und gleichzeitig steuerliche Sachverhalte möglichst einheitlich beurteilen zu können.

Hinweis | Erste gute Beispiele bestehen für Prüfungen zwischen den Staaten Deutschland und Italien sowie den Niederlanden.

Grenzüberschreitende Betriebsprüfung

Das FG Köln (Beschluss vom 23.5.2017 – 2 V 2498/16, EFG 2017 S. 1322-1326) musste sich mit der Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Betriebsprüfung bereits beschäftigen. Das Ergebnis einer solchen gemeinsamen im Übrigen zulässigen Prüfung besteht in einem gemeinsamen Verständnis zu den Sachverhalten und deren Würdigung zur Vermeidung von Verständigungsverfahren. Der OECD Joint Audit Report 2010 beschreibt die Vorteile dieses Verfahrens wie folgt:

  • Verwaltungskosten und Compliance-Kosten werden insgesamt gesenkt;
  • Steuerpflichtige sollen durch ein solche Prüfung enger mit den Steuerverwaltungen zusammenarbeiten und damit steuerliche Risiken vermeiden helfen;
  • Steigerung der Prüfungsqualität;
  • Ein Joint Audit ist ein effektives Instrument zur Abschreckung gegen doppelte Nichtbesteuerung, aggressive Steuerplanung und Steuerhinterziehung;
  • Vermeidung von Trittbrettfahrern, die Vergünstigungen ohne Gegenleistung in Anspruch nehmen;
  • Tax Compliance wird gestärkt und ein Vier-Augen-Prinzip im Sinne der Beteiligung verschiedener Staaten wird auf der Verwaltungsseite eingeführt;
  • Interessenkonflikte treten deutlicher zu Tage und können effektiver bekämpft werden. So hat ein Joint Audit Team ein Protokoll der Prüfungshandlungen zu erstellen, das Basis der kooperativen Prüfung wird.

Das weitere Programm ICAP, das im Januar 2018 vorgestellt wurde, dient der Prüfung von multinationalen Unternehmen. Mit dem ICAP soll mehr Rechtssicherheit für die Unternehmen geschaffen werden. Fokus des Programms sind steuerliche Risiken aus den Gebieten der Verrechnungspreise und der Betriebsstätten-Besteuerung.

Beachte | Im Ergebnis können beide Initiativen als Verfahren zur besseren Verifikation von Tax Compliance helfen, Unsicherheiten auf der Unternehmensseite zu beseitigen sowie zeitnahe Betriebsprüfungen zu bewirken.

Resümeé und Ausblick | Die Forderung, der Steuerpflichtige sollte freiwillig die steuerlichen Compliance-Anforderungen erfüllen und auf aggressive Steuerplanungen verzichten, können keine Änderungen im Sinne einer kooperativen Compliance bewirken. Gesetze aus der Eingriffsverwaltung wie im Steuerrecht sind zu befolgen. Für eine Freiwilligkeit ist nach dem Vorrang des Gesetzes kein Raum. Ein Verzicht auf eine ansonsten das Gesetz beachtende Steuerplanung kann ebenfalls nur durch einen gesetzlichen Befehl gefordert werden. Bessere Steuergesetze sowie eine zeitnahe Verifikation sind die Grundlage eines kooperativen Verhaltens eines Steuerpflichtigen. Beide vorgestellten Programme geben daher Anlass zur Hoffnung, diesen kooperativen Zustand zu erreichen.