Datenbankgestützte Verrechnungspreisbestimmung in der Außenprüfung
Zum Nachweis, dass Verrechnungspreise dem entsprechen, was „voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AStG), kommt man oftmals nicht umhin, Datenbanken, insbesondere Unternehmensdatenbanken, in Anspruch zu nehmen. Solche Datenbanken spielen im Wirtschaftsleben eine große Rolle und sind offenbar ihrerseits auch durchaus lohnende Unternehmungen. Die Probleme der jeweiligen Verrechnungspreismethoden und diejenigen der praktischen Umsetzung mittels eines Datenbankscreenings sind vielschichtig. Hier soll es allein darum gehen, dass einige der Unwägbarkeiten durch die Neufassung der Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Abs. 3 der AO (Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung, BGBl. I 2017, S. 2367) vom 12. Juli 2017 beseitigt wurden.
Offenlegungspflicht eines Steuerpflichtigen bei Nutzung einer Datenbank
§ 4 Abs. 3 der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung (GAufzV) regelt auch die Nutzung von Datenbanken bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen durch den Steuerpflichtigen. Insbesondere erlegt die Norm dem Steuerpflichtigen auf, die dabei verwendete Suchstrategie, die dabei verwendeten Suchkriterien, das Suchergebnis und den außerhalb der Datenbank durchgeführten weiteren Selektionsprozess umfassend offenzulegen (Satz 1). Damit findet sich nunmehr mit rechtlicher Verbindlichkeit ausgestattet, was bislang lediglich in Verwaltungsvorschriften als Verwaltungsauffassung transportiert wurde. So lässt sich das BMF-Schreiben betreffend die „Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren)“ vom 12. April 2005 – IV B 4 – S 1341 – 1/05 (BStBl. I 2005, S. 570) unter Nr. 3.4.12.4 dahingehend vernehmen, dass der Steuerpflichtige insbesondere genaue Kennzeichen der von ihm verwandten Datenbank aufzuzeichnen habe.
Für sich gesehen mag man dies als nachvollziehbar hinnehmen; doch zeichnet sich der Regelfall in der Praxis dadurch aus, dass nicht der Steuerpflichtige selbst das jeweilige Datenbankscreening vornimmt, dies vielmehr externen Akteuren überlässt. Im Falle der Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung (vgl. § 90 Abs. 3 Satz 6 AO) trifft indes den Steuerpflichtigen die Pflicht, der Finanzbehörde alle relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen.
Beachte | Je höher sich die Datenqualität und -quantität auf Seiten des Steuerpflichtigen erweisen, desto eher vermag die Finanzbehörde dessen Daten zu verifizieren.
Von der Finanzbehörde ist eine digitale Datenverarbeitung verlangt
Damit ist der Blick auf die Finanzbehörde selbst gelenkt. § 4 Abs. 3 GAufzV wird man nicht nur als Pflichtenprogramm des Steuerpflichtigen lesen, sondern ihm aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch Anforderungen an die verwaltungsseitige Prüfung entnehmen dürfen. So ist die Finanzbehörde ihrerseits gehalten, mit zeitgemäßen Prüfungsmethoden behände zu prüfen. Sie hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die zumeist digitalen Daten des Steuerpflichtigen im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung ebenso digital verarbeitet und genutzt werden können. Eine „Ent-Digitalisierung“ ist daher weder mit der Regelung des § 4 Abs. 3 GAufzV noch mit den Zwecken der steuerlichen Außenprüfung vereinbar. Stattdessen gilt es, durch eine Standardisierung der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung die Deklaration und Verifikation von Verrechnungspreisen zu vereinfachen.
Nutzt der Steuerpflichtige für die hier in Rede stehenden Zwecke sog. nicht amtliche Datenverarbeitungsprogramme, ist die Finanzbehörde gemäß § 87c Abs. 4 Satz 1 AO berechtigt, diese Programme und deren Dokumentationen zu überprüfen. Verpflichtet ist insoweit zunächst der Programmhersteller (vgl. § 87c Abs. 3 bis 6 AO); gelangt beim Steuerpflichtigen jedoch keine Standardsoftware, sondern eine individualisierte, das heißt konkret auf den Steuerpflichtigen als Endanwender abgestimmte, Software zum Einsatz, kann er selbst als pflichtiger Hersteller des Programms anzusehen sein, wenn er die jeweilige Anpassungs- oder Erweiterungsprogrammierung in Auftrag gab (Wargowske, in: Beermann/Gosch [Hrsg.], AO/FGO, § 87c AO [131. Lfg. April 2017] Rz. 5). Ist ein solches Programm einer Prüfung unterzogen und erweisen sich die mit ihm erhobenen und verarbeiteten Daten als valide, ist der Weg für deren rasche Prüfung durch die Finanzbehörde hinreichend bereitet.
Ausblick | Anders als die skizzierte Beanspruchung beider Seiten, des Steuerpflichtigen sowie der Finanzbehörde, kann sich die Deklaration und Verifikation von Verrechnungspreisen in einer zunehmend von der Digitalisierung erfassten Wirtschaft auch gar nicht mehr vollziehen. § 4 Abs. 3 GAufzV fügt sich, richtig verstanden, in diese Sachlage ein. Abschließend sei aber auch noch ein anderer Ausblick gewagt: Neue Normen führen oftmals nicht nur zu Klärungen und Fortentwicklungen, sondern auch zu neuen Problemlagen. Das trifft leider auch auf § 4 Abs. 3 GAufzV zu. Die betreffende Grenzlinie verläuft hier zwischen den Sätzen 3 und 4; den einzelnen Konsequenzen des Letzteren nachzugehen, verspricht schon auf den ersten Blick, bemerkenswerte Einsichten in Bezug auf die Reichweite finanzbehördlicher Prüfungsbefugnisse zutage zu fördern.