Prof. Dr. Rainer Prokisch
Über den Herausgeber
Rainer Prokisch hat seit April 2000 den Lehrstuhl für Internationales und Europäisches Steuerrecht an der Universität Maastricht inne und war dort von 2003 bis 2016 Direktor des Instituts für Steuerrecht. Zuvor war er an der Universität München zunächst Akademischer Rat am Lehrstuhl von Prof. Dr. Klaus Vogel für Öffentliches Recht und Steuerrecht und danach von 1994 bis 1997 stellvertretender Leiter des Forschungsinstituts für Internationales und ausländisches Steuerrecht. Während dieser Jahre war er unter anderem General Reporter im Auftrag der International Fiscal Association und Berater der OECD in Paris. 1998 wechselte er zum International Bureau of Fiscal Documentation (Amsterdam), wo er für die Abteilung Europa I und später für die Internationale Steuerakademie verantwortlich war. Rainer Prokisch ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zum Finanzverfassungsrecht sowie zum europäischen und internationalen Steuerrecht. Überdies ist er als Of Counsel beratend für LexQuire in Düsseldorf tätig.
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Mindestbesteuerung in der EU und die Frage der Gesetzgebungskompetenz
Am 12. Dezember 2022 haben die EU-Mitgliedstaaten der Richtlinie zur globalen Mindestbesteuerung prinzipiell zugestimmt, Ungarn hat seinen Widerstand am Ende doch noch aufgegeben (RICHTLINIE (EU) 2022/2523 des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union, ABl. EU 2022, L 328/1). Das Projekt war von Anfang an eine Herzensangelegenheit der deutschen Bundesregierung und soll nun helfen, den Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. Der Mindeststeuersatz wird auf 15% festgelegt. Erfasst sind allerdings nur besonders große Unternehmen (jährlicher Umsatz höher als 750 Mio €).
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Abfindungszahlungen in grenzüberschreitenden Sachverhalten: Die Anwendung des Art. 50d Abs. 12 EStG
Am 27.2.2020 entschied das FG Hessen (Az. 9 K 353/19, IStR 2020, 680) zu einem fast klassischen Fall einer Abfindung. Soweit ersichtlich ist es das erste Urteil, in dem Art. 50d Abs. 12 EStG zur Anwendung kommt. Die Vorschrift wurde mit dem BEPS-UmsG vom 20.12.2016 (BGBl. I 2016, 3000) eingeführt und war erstmals im Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden. Dem Urteil liegt ein interessanter Sachverhalt zu Grunde und es gibt Anlass, zurück zu schauen und einige grundsätzlichere Erwägungen anzustellen.
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Minijobs als grenzüberschreitendes Problem
Geringfügige Beschäftigungen, häufig Minijobs genannt, haben sich etabliert und öffneten vielen Arbeitslosen in den vergangenen Jahren Türen. Die gewünschte Flexibilisierung des Arbeitsmarkts hat der Gesetzgeber sicher erreicht, auch wenn sich in Zeiten einer annähernden Vollbeschäftigung die Frage stellt, ob nicht zumindest Minijobs, die als Zweitjob zur Ergänzung der Einkünfte dienen, noch sinnvoll sind. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit liegt die Gesamtzahl der geringfügig Beschäftigten derzeit bei rund 7,5 Millionen – für knapp fünf Millionen von ihnen ist es der Hauptjob. Der Vorteil: Der Arbeitnehmer muss darauf keine Steuern und Sozialabgaben zahlen. Das kann sich allerdings in grenzüberschreitenden Fällen als besonders problematisch erweisen.
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Gedanken zum Principal Purpose Test
Mit dem multilateralen Übereinkommen (kurz MLI – Multilateral Instrument) wird der Principal Purpose Test als Minimumstandard in die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen aufgenommen werden, die unter den MLI fallen. Zwar ist das MLI noch immer nicht in Deutschland ratifiziert, aber es ist zu erwarten, dass die Ratifizierung noch erfolgen wird.
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Die dänischen/luxemburgischen Fälle zur Nutzungsberechtigung (Beneficial Ownership)
Der EuGH hat am 26.2.2019 mehrere Entscheidungen getroffen (N Luxemburg 1 u.a. C-115/16, 118/16, 119/16, 299/16 zur Zins-Lizenzgebühren-RL; T Dänemark u.a. C-116/16 und 117/17 zur Mutter-Tocher-RL), in denen einige fundamentale Fragen des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsbegriffs, der Auslegung des Begriffs des Nutzungsberechtigten und des Verhältnisses zwischen Nutzungsberechtigung und allgemeiner Missbrauchsklausel angesprochen sind. Die Entscheidungen haben in Deutschland noch wenig Widerhall gefunden (vgl. aber Schnitger, IStR 2019, 304; Linn/Pignot, IWB 2019, 386), während sie in den Niederlanden zu großer Aufregung führten. Schon ein kurzer Blick auf die Entscheidungen zeigt, dass sie in ihren theoretischen wie auch praktischen Auswirkungen nicht unterschätzt werden sollten.
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Ghetto-Entschädigungszahlungen: Ein Lehrstück zum Verhältnis zwischen Scham und Pragmatismus im Steuerrecht
Im Jahr 2002 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto („Ghettorentengesetz“; BGBl. I 2002, 2074). Nachdem das Bundessozialgericht 1997 (BSG, Urt. v. 18.6.1997, NJW 1998, 2309) Tätigkeiten in einem Ghetto als ordentliches Arbeitsverhältnis ansah, war der Gesetzgeber gezwungen, die Arbeit in einem solchen Ghetto – ob nun eher freiwillig oder mittelbar erzwungen – anzuerkennen und daraus auch die Folgerungen für die jeweiligen Rentenansprüche zu ziehen.
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Die Änderung der gesellschaftsrechtlichen Fusionsrichtlinie
Am 25.4.2018 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen veröffentlicht (COM(218)241final). Dadurch soll die bestehende Richtlinie geändert und an neuere Entwicklungen angepasst werden.
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Besteuerung der digitalen Wirtschaft
Eine der Aktionen des BEPS-Projekts war der digitalen Wirtschaft gewidmet (OECD, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Final Report 2015). Eine der wesentlichen Feststellungen war, dass das herkömmliche Betriebsstättenprinzip kaum geeignet ist, um bestimmte Unternehmen der digitalen Wirtschaft angemessen besteuern zu können. Dazu gehören vor allem Unternehmen, die für ihren Geschäftsbetrieb keiner festen Geschäftseinrichtung im Zielland bedürfen. Und selbst wenn sie einen Geschäftsbetrieb unterhalten, werden ihm häufig nur geringe oder gar keine Einkünfte zugerechnet werden können. Deshalb hat die OECD letztlich davon.
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Die “Paradisepapers” und die Niederlande
In den Paradisepapers, die uns vor einigen Wochen sehr beschäftigt haben und die in der Presse großen Widerhall fanden, werden auch die Niederlande als Steuerparadies genannt. Wie meist steckt in solchen Vorwürfen auch ein Körnchen Wahrheit. So hat sich der niederländische Staatssekretär auffallend beeilt mitzuteilen, dass man die Informationen aus den Paradise Papers gründlich analysieren werde und dass die daraus folgenden Maßnahmen umgehend ergriffen würden (Schr. v. 8.11.2017, V-N Vandaag 2017/2625).
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Steuerplanung bei geschäftlichen Interessen in den USA
Die Steuerpläne der Trump-Regierung sind noch unklar, dennoch kann es sich lohnen, auf die Änderungen im US-Steuerrecht vorbereitet zu sein. Jedenfalls ist es anzuraten, Strukturen zu wählen, die flexibel genug sind, um schnell angepasst zu werden.