Dienstwagenbesteuerung unter ökologischen Gesichtspunkten?
Die Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen ist schon ein steuerliches Problem an sich. Denn grundsätzlich es geht darum, zwei widerstreitende Prinzipien miteinander zu verbinden: zum einen soll der geldwerte Vorteil auf möglichst einfache und praktikable Weise bestimmt werden, zum anderen muss der Vorteil möglichst realitätsgerecht bestimmt sein, um dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu genügen. Hinzu kommt neuerdings der Vorschlag, bei der Besteuerung der privaten Nutzung auch ökologische Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Subventionen in der Europäischen Union
Die unmittelbaren und mittelbaren Subventionen der privaten Nutzung des Dienstwagens betrugen 2011 in der EU etwa 54 Mrd. EUR. Da der Wert der privaten Nutzung in der Regel nicht dem tatsächlichen Wert bzw. Einkommen entspricht, ist der Dienstwagen ein attraktives Entlohnungselement für Arbeitgeber. Das führt zu mehr Autos auf den Straßen und im Schnitt auch zu teureren und größeren Fahrzeugen. So gehören etwa 76% aller Fahrzeuge der oberen Kategorie Dienstwagen an (vgl. Naess-Schmidt/Winiarczyk/Copenhagen Economics, Taxation Papers: Company Car Taxation, European Commission’s Directorate General for Taxation and Customs Union (2009), S. 38), die einen um etwa 8% höheren Verbrauch zum durchschnittlichen Verbrauch aller Kraftfahrzeuge auf unseren Straßen besitzen (vgl. Roy, R. (2014), Environmental and Related Social Costs of the Tax Treatment of Company Cars and Commuting Expenses”, OECD Environment Working Papers, No. 70 und Kosonen, EU study on company car taxation: presentation of the main results, OECD workshop on estimating support to fossil fuels (2010), S. 12.
Beachte | Zudem führt die Verfügung über einen Dienstwagen zu der Neigung, häufiger für private Zwecke auf das Auto zurückzugreifen (Harding M. (2014), Personal Tax Treatment of Company Cars and Commuting Expenses, OECD Taxation Working Paper No. 20). Arbeitnehmer, die einen Dienstwagen erhalten, benutzen das Auto doppelt so häufig wie Personen mit einem selbst erworbenen privaten Fahrzeug (Johansson-Stenman, Estimating Individual Driving Distance by Car and Public Transport Use in Sweden (2001).
Gesetzgeber vernachlässigt ökologische Gesichtspunkte
Trotz dieser Zahlen ist der ökologische Gesichtspunkt beim Gesetzgeber kaum angekommen. Das Einkommen aus privater Nutzung ist mit monatlich 1% des Listenpreises (§§ 8 Abs. 2, 6 Abs. 4 EStG) festgelegt, wobei die private Nutzung unwiderleglich vermutet wird. Da dieser Wert aber sehr pauschal ist (es wird eine private Nutzung von 30 bis 35% vermutet), besteht auch die Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu führen, um dem tatsächlichen Einkommen näherzukommen. Diese Wahlmöglichkeit findet sich in anderen Ländern kaum. Die einzige Reaktion auf eine geänderte Wirklichkeit ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG. Mit dieser Regelung wird aber lediglich den wesentlich höheren Anschaffungskosten von Elektrofahrzeugen und Hybridelektrofahrzeugen Rechnung getragen.
Länderspezifische Besteuerungsformen
In Portugal wird der Wert der privaten Nutzung in einer Vereinbarung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt festgelegt und kann abgeschrieben werden. Der entsprechende Teil der privaten Nutzung wird mit 0,75% monatlich des Anschaffungspreises angesetzt.
In den Niederlanden werden 25% des Kataloglistenpreises als jährliche Einkünfte angesehen. Allerdings erfolgt keine Besteuerung, wenn die private Nutzung 500 Kilometer nicht übersteigt. Das ist natürlich nicht einfach zu kontrollieren. In der Vergangenheit nutzte die Finanzverwaltung die Aufnahmen der Videokameras, die entlang der Autobahnen aufgestellt wurden. Der niederländische Hoge Raad hat aber kürzlich diese Praxis als rechtswidrig angesehen, da es hierfür einer gesetzlichen Grundlage bedürfte. Das Gericht hat auch entschieden, dass die hohe Steuerbelastung nicht gegen Art. 1 Prot. 1 EMRK verstößt.
Spanien geht ähnlich wie die Niederlande vor, wendet aber einen Prozentsatz von 20% an. Italien wendet feste Prozentzahlen auf die durchschnittlichen Kosten an, die ein Auto bei jährlicher Laufleistung von 15.000 Kilometer verursacht. Die Kostentabellen werden jährlich auf neuesten Stand gebracht und gelten jeweils für ein Jahr.
Hinweis | Einige Länder – wie beispielsweise die Niederlande und auch Spanien – berücksichtigen bei der Besteuerung von Dienstwagen auch ökologische Gesichtspunkte.
In den Niederlanden wird ein geringeres Einkommen angenommen, wenn der CO2 Ausstoß unter einer bestimmten Grenze liegt. So gilt für Autos ohne jegliche Emissionen ein Satz von lediglich 4%, ein Satz von 15% für Autos mit Emissionen unter 50gr/km und der Satz steigert sich bis auf 21% für Autos, deren Emissionen sich zwischen 50gr/km und 106gr/km bewegen. In Spanien sind seit 2015 Abschläge auf die Steuerschuld vorgesehen. Die maximale Entlastung beträgt 30% für besonders „umweltfreundliche“ Autos, für die meisten Kraftfahrzeuge gilt ein Abzug von 15%.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken
Verfassungsrechtlich wäre gegen eine solche Vorzugsbehandlung von “umweltgerechten” Autos wohl nichts einzuwenden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG fordert zwar eine gleichmäßige Erfassung der Einkünfte der Steuerpflichtigen. Daraus könnte man schließen, dass Abweichungen vom Gleichheitsgrundsatz im Prinzip unzulässig sind. Allerdings kann vom Gleichheitsgrundsatz abgewichen werden, wenn dafür gewichtige Gründe sprechen (BVerfGE 81, 228, 237). Die Frage ist vergleichbar mit derjenigen der Geltung des objektiven Nettoprinzips beim Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben.
Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1969 entschieden (BVerfGE 27, 58), dass die Kilometerpauschale vom Wert der tatsächlichen Kosten nach unten abweichen kann. Verkehrsrechtliche Gründe wie die Abnahme des Pendelverkehrs, weniger Staus, stärkere Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs hatten damals schon eine Umweltkomponente, die heute noch viel stärker ins Gewicht fällt.
Fazit | Es ist an der Zeit, dass auch der deutsche Gesetzgeber darüber nachdenkt, ob bei der Besteuerung von Dienstwagen auch eine ökologische Komponente eingebaut werden sollte. Das wäre ein wichtiger Schritt hin zur Erreichung der Ziele zur Begrenzung des Schadstoffausstoßes. Sperrungen der Innenstädte für Dieselfahrzeuge ließen sich so möglicherweise verhindern. Nachdem auch die deutschen Premiumhersteller vermehrt schadstoffarme Kraftfahrzeuge anbieten, sollten solche Maßnahmen auch auf das Verständnis der Hersteller stoßen.