USA werden zu attraktivem Investitionsstandort
Mit der jüngst beschlossenen Reform haben die USA eine überfällige Anpassung ihres Unternehmenssteuerrechts an die internationale Entwicklung vorgenommen. Der im internationalen Vergleich viel zu hohe Körperschaftsteuersatz und das Festhalten am Anrechnungsverfahren zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen hatten dazu geführt, dass US-Konzerne ihre Gewinne zunehmend im Ausland thesaurierten. Diese Schwachstellen des US-Steuerrechts werden nun korrigiert. Die Steuerreform ist umfassend; sie beinhaltet insbesondere auch eine Reform der Einkommensteuer. Aus deutscher Sicht sind aber vor allem die Regeln zur Körperschaftsteuer von Interesse. Sie werden nachfolgend behandelt.
Überblick über die US-Körperschaftsteuerreform
Zentraler Aspekt des Tax Cuts and Jobs Act ist die Senkung der Bundeskörperschaftsteuer von 35% auf 21%. Ergänzt wird diese deutliche Steuersenkung durch eine Abschaffung der Alternative Minimum Tax sowie durch Sonderabschreibungen auf Sachanlageinvestitionen, die zunächst 100% betragen und ab 2024 dann schrittweise gesenkt werden. Zur Gegenfinanzierung dieser Steuersenkungen wird nach deutschem Vorbild eine Zinsschranke eingeführt. Weiterhin gibt es künftig eine Mindeststeuer, welche die Verrechnung von Verlustvorträgen auf 80% des zu versteuernden Einkommens beschränkt.
Im Vorfeld der US-Steuerreform hatte die mögliche Einführung einer Destination-Based Corporate Cash-Flow Tax (DBCFT), vielfach auch als Border Tax bezeichnet, für viel Unruhe gesorgt. Sie wurde am Ende nicht verabschiedet. Das Reformpaket beinhaltet aber eine alternative Berechnung der Körperschaftsteuer, bei der Zahlungen an verbundene Unternehmen grundsätzlich in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Diese alternative Berechnung wird als Base Erosion Anti-abuse Tax (BEAT) bezeichnet. Sie kommt zur Anwendung, wenn durchschnittlich in einem 3-Jahreszeitraum ein Umsatz von wenigstens 500 Mio. US$ gemacht wird und an verbundene Unternehmen Zahlungen in Höhe von mindestens 3% des Umsatzes erfolgen. Zur Berechnung der BEAT-Steuer werden alle Zahlungen an verbundene Unternehmen dem Gewinn hinzugerechnet mit Ausnahme von Zahlungen für bezogene Waren, Zahlungen für bestimmte Serviceleistungen und Zahlungen für qualifizierte Derivate. Der Steuersatz auf diese alternative Bemessungsgrundlage beträgt 5% für 2018, 10% danach und ab 2025 12,5%.
Beachte | Ergibt sich aus dieser alternativen Berechnung eine höhere Körperschaftsteuer, so kommt diese statt der regulären Körperschaftsteuer zur Anwendung.
Im Gegensatz zu allen anderen OECD-Mitgliedstaaten haben die USA bisher am Anrechnungsverfahren zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen festgehalten. Dabei bleibt es auch nach der Reform in Bezug auf Betriebsstättengewinne. Ausländische Dividenden werden jedoch künftig steuerfrei gestellt. Damit ist ein partieller Übergang auf ein territoriales Steuersystem verbunden. Die Steuerfreistellung von Dividenden gilt nicht für Streubesitzdividenden (Beteiligung bis 10%) und sie gilt auch nicht, wenn die Dividenden beim Zahlenden eine Betriebsausgabe sind (hybride Dividenden). Veräußerungsgewinne werden steuerfrei gestellt, wenn sie als Dividenden zu charakterisieren sind, nicht jedoch, wenn sie capital gains darstellen.
Der Preis für eine Steuerfreistellung von bisher thesaurierten Altgewinnen ist eine einmalige toll charge. Sie beträgt 15,5% der akkumulierten Gewinne, die in kurzfristigen Finanzmitteln und anderem Umlaufvermögen gehalten werden und 8%, wenn die Gewinne in illiquiden Vermögenswerten, z.B. Anlagevermögen, investiert sind. Nach Medienberichten muss Apple, das Unternehmen mit den höchsten ausländischen Finanzanlagen, auf seine thesaurierten Auslandsgewinne in Höhe von 270 Mrd. US$ voraussichtlich 38 Mrd. US$ Steuer zahlen.
Hinweis | Als flankierende Maßnahme zu der Steuerreform sollen Einkünfte aus immateriellen Vermögenswerten im Ausland künftig in den USA versteuert werden. Dies will man mit „Stick and Carrot“ erreichen.
Der „Stick“ besteht in einer erheblichen Ausweitung der Hinzurechnungsbesteuerung. Einkommen einer controlled foreign corporation (CFC), welches global intangible low-taxed income (GILTI) darstellt, wird anteilig US-Anteilseignern zugerechnet und mit 10,5% (ab 2026: 13,125%) besteuert. GILTI ist das Einkommen, welches die Verzinsung des abschreibbaren Sachkapitals übersteigt. Dabei wird eine Verzinsung der Sachanlagen von 10% unterstellt.
Im Gegenzug zu dieser Verschärfung der US-Hinzurechnungsbesteuerung wird ein Präferenzregime für Einkünfte aus immateriellen Vermögenswerten mit Auslandsbezug eingeführt (carrot). Für foreign derived intangible income (FDII) gilt künftig ein effektiver Steuersatz von 13,125% und ab 2026 von 16,406%.
Konsequenzen aus der US-Steuerreform
Steuerstrukturen wie das Double-Irish-and-Dutch-Sandwich haben US-Konzernen in der Vergangenheit dazu gedient, Auslandsgewinne niedrig zu versteuern. Dabei spielten immaterielle Vermögenswerte eine entscheidende Rolle. Auch künftig haben US-Konzerne keine Veranlassung, möglichst hohe Steuern in Ländern wie Deutschland zu entrichten. Vielmehr werden weiterhin Steuerverlagerungen in Niedrigsteuerländer von Interesse sein. Hinzu kommt, dass US-Konzerne künftig Gewinne möglicherweise auch direkt in die USA verlagern werden. Es wird sich zeigen, ob das Zusammenspiel von GILTI und FDII dazu führt, dass man künftig auf eine Zwischenschaltung von Holdinggesellschaften in Niedrigsteuerländern verzichtet oder nicht. Aus deutscher Sicht kann das egal sein. Jedenfalls kann man nicht auf eine Erhöhung des Steuersubstrats in Deutschland hoffen.
Mit der Steuerreform werden aber auch nicht die Anreize beseitigt, Gewinne zulasten der USA in Niedrigsteuerländer zu verschieben. Viele Länder haben eine niedrigere Steuerbelastung als 21%. US-Unternehmen könnten weiterhin versuchen, ihre Gewinne in solche Länder zu verlagern. Dividenden von Auslandsgesellschaften sind künftig in den USA steuerfrei. Ob die neuen Missbrauchsvorschriften (BEAT, Zinsschranke, Regeln zu hybriden Gestaltungen, Ausweitung der Hinzurechnungsbesteuerung) solche Gewinnverlagerungen verhindern können, wird sich zeigen.
Für die Konzernbilanzen ergeben sich zahlreiche Einmaleffekte. Der Wert von Verlustvorträgen sinkt, die toll charge führt zu einem zusätzlichen Steueraufwand und passive latente Steuern können sinken. Viele Unternehmen werden in ihren Abschlüssen eine Gewinnreduzierung berichten, die allerdings nur einmaliger Natur ist. Deutsche Autokonzerne haben aber auch schon einmalige Gewinnsteigerungen aufgrund der Steuerreform angekündigt.
Ausblick | Für deutsche Unternehmen bedeuten der gesenkte Körperschaftsteuersatz sowie die temporären Sonderabschreibungen, dass die USA in den nächsten Jahren zu einem attraktiven Investitionsstandort werden. Deutschland ist auf dem Weg zum steuerlich unattraktivsten Standort unter den Industriestaaten, denn auch andere Länder wie Großbritannien, Frankreich und Belgien planen Steuersenkungen für Unternehmen. Es darf bezweifelt werden, dass die Große Koalition hierauf eine angemessene Antwort finden wird.