Global Taxes Steuerplanung
Franz Hruschka

BREXIT means: Tax it

Am 30.03.2017 hat England den BREXIT erklärt. Zum 29.03.2019 24.00 Uhr läuft damit die Übergangsfrist aus. Bis dahin bleibt Großbritannien Mitglied der EU. Was danach passiert ist offen. Derzeit laufen die Austrittsverhandlungen eher schleppend. Dies lässt umfassende Übergangsregelungen, die über das Austrittsdatum hinaus wirken, unwahrscheinlicher werden.

Zunächst die gute Nachricht: Soweit Großbritannien EU-Recht (insbesondere Richtlinien) in nationales Recht umgesetzt hat, bleibt dieses Recht auch über den 29.03.2019 bis zu einer Gesetzesänderung bestehen. Dies betrifft jedoch nur die Rechtsstellung in Großbritannien tätiger Personen und Unternehmen. Im Übrigen sieht dies allerdings anders aus. Denn ab dem Austritt ohne Abkommen können von oder für britische Rechtsträger die Grundfreiheiten des AEUV weitgehend nicht mehr in Anspruch genommen werden. Im Unternehmensbereich ist vor allem die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) betroffen, die dann ihre Wirksamkeit verliert. Rettungsanker bleibt die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV), die auch in Bezug auf Drittstaaten unter bestimmten Umständen von EU-Ansässigen in Anspruch genommen werden kann. Dies betrifft vor allem EU-Bürger und Unternehmen, die in der EU ansässig sind und Geschäftsbeziehungen in oder mit Großbritannien pflegen.

Hinweis | Umsatzsteuerlich werden sich deutsche Unternehmen mit Aktivitäten in Großbritannien darauf einstellen müssen, dass Lieferungen nach England umsatzsteuerlich zu Ausfuhren werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 UStG), für die die Regelungen über Zölle zur Anwendung kommen (§ 22 UStG).

Ertragsteuerliche Konsequenzen

Ertragsteuerlich verlieren ab dem Zeitpunkt des Austritts Vorschriften, die an die EU-Zugehörigkeit des Steuerpflichtigen anknüpfen, ihre Wirkung.

Schon bisher kommt es zu einer Entstrickungsbesteuerung gemäß § 4 Abs. 1 S.3 EStG bzw. § 12 Abs. 1 KStG, wenn Einzelwirtschaftsgüter eines inländischen Betriebs in eine UK-Betriebsstätte verbracht werden. Der bisher wählbare Besteuerungsaufschub gemäß § 4g EStG verlangt eine Zugehörigkeit der Betriebsstätte zu einem EU-Mitgliedsstaat. Mit dem BREXIT entfällt diese Voraussetzung und mit ihr gegebenenfalls auch rückwirkend ein bereits gewährter Aufschub. Dies gilt sinngemäß für Betriebsverlegungen i.S. von § 36 Abs. 5 EStG.

Seit 2009 ist § 2a EStG innerhalb der EU nicht mehr anwendbar. Daher sind ausländische Verluste vollumfänglich abzugsfähig, sofern die Doppelbesteuerung durch Anrechnung vermieden wird. Für England hat dies Bedeutung wegen der Aktivitätsklausel in Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA UK 2010/14, nach welcher die Doppelbesteuerung für Unternehmensgewinne und Dividenden bei passiven Einkünften i.S.v. § 8 Abs. 1, Abs. 2 AStG im Wege der Anrechnungsmethode vermieden wird. Mit dem Wirksamwerden des Austritts wird Großbritannien zum Drittstaat und das Abzugsverbot des § 2a EStG lebt wieder auf.

Schüttet eine deutsche Kapitalgesellschaft an ihre UK-Muttergesellschaft Gewinn aus, kann derzeit der Einbehalt und die Abführung der Kapitalertragsteuer gemäß §§ 43 ff. EStG vollumfänglich unterbleiben, wenn die Muttergesellschaft die Freistellung gemäß § 50d Abs. 2 EStG beantragt und die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG darlegen kann. Mit dem Austritt entfällt die Anwendbarkeit der Mutter-Tochter-Richtlinie (Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. L 345 vom 29.12.2011, S. 8, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/86/EU, ABl. L 219 vom 25.7.2014, S. 40). Damit ist eine Quellensteuerreduzierung nur noch auf Basis des DBA möglich. Dort ist eine Quellensteuer i.H. 15% und von 5% für Ausschüttungen an Gesellschafter mit einer Mindestbeteiligung i.H. von 10% vorgesehen.

Erhält eine deutsche Kapitalgesellschaft von ihrer UK-Tochtergesellschaft Einlagen zurück, sind diese Ausschüttungen auf Ebene des Empfängers grundsätzlich als sogenannte Einlagenrückgewähr steuerfrei (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Voraussetzung ist lediglich, dass die ausschüttende EU-Gesellschaft ihrem Gesellschafter den Verwendungsnachweis im Sinne von § 27 Abs. 8 KStG gemäß § 27 Abs. 3 KStG zur Verfügung stellt. Dieser wirkt gleich einem Grundlagenbescheid. Drittstaatengesellschaften steht dieser Weg von Gesetzes wegen nicht zu, d.h. deren Ausschüttungen sind – unter Ausnahme der Herabsetzung von Nennkapital – stets steuerpflichtig.

Beachte | Die abweichende Entscheidung des BFH vom 13.07.2016 (VIII R 47/13, IStR 2016, 899) wurde bislang nicht im BStBl. veröffentlicht und ist daher von Seiten der Verwaltung nicht anzuwenden.

Schüttet die UK-Gesellschaft an ihre deutschen Gesellschafter Gewinne aus, entfällt auf die Dividende bei einer Mindestbeteiligung von 10% gemäß § 8b Abs. 1 KStG keine Körperschaftssteuer. 5% der Einnahmen gelten jedoch als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 KStG).

Gewerbesteuerliche Konsequenzen

Für Zwecke der Gewerbesteuer sind Dividenden gemäß § 8 Nr. 5 GewStG hinzuzurechnen, sofern die UK-Tochtergesellschaft die Aktivitätsvoraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG (Katalog gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 – 6 AStG) nicht erfüllt. Grundsätzlich schützt in diesem Fall zwar Art. 23 Abs. 1 lit. a DBA UK 2010/14 vor der Hinzurechnung, da das DBA auch für die Gewerbesteuer gilt (Art. 2 DBA UK 2010/14). Jedoch greift die Freistellungsmethode nur in den Fällen, in denen die Dividende vom Empfänger in Großbritannien im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht tatsächlich besteuert worden ist. Dies findet nicht statt. Gleichwohl geht Deutschland von einer tatsächlichen Besteuerung aus, wenn diese auf Grund der Mutter-Tochter-Richtlinie oder des DBA unterbleibt (BMF von 20.06.2013, BStBl. I 2013, 980). Solange Großbritannien zur EU gehört greift die Mutter-Tochter-Richtlinie und damit die Freistellungsmethode. Mit dem Austritt greift die Mutter-Tochter-Richtlinie nicht mehr; es kommt nur noch eine Freistellung gemäß DBA in Betracht. Dort ist aber für den Quellenstaat ein 5%-iges Quellensteuerrecht eingeräumt (Art. 10 Abs. 2 lit. a DBA UK 2010/14). Dieses übt Großbritannien – wie bereits erwähnt – nicht aus. Damit kommt die Rückfallklausel zur Anwendung und die Dividenden sind gemäß § 8 Nr. 5 GewStG hinzuzurechnen.

Privilegien bei Umwandlungen entfallen

Auch die Privilegien des UmwStG können von UK-Gesellschaften nach dem BREXIT weitgehend nicht mehr in Anspruch genommen werden, da die persönlichen Voraussetzungen im Sinne von § 1 Abs. 2 UmwStG für Verschmelzungen und Spaltungen bzw. § 1 Abs. 4 UmwStG für Einbringungen nicht mehr vorliegen. Ausgenommen bleiben Einbringungen gemäß § 24 UmwStG. In den übrigen Einbringungsfällen sind ferner sperrfristbehaftete Anteile entstrickungsgefährdet (§ 22 Abs. 1 S. 6 UmwStG; § 22 Abs. 2 S. 6 UmwStG).

Hinzurechnungsbesteuerung wird wahrscheinlicher

Schon jetzt unterliegen passive Einkünfte (§ 8 Abs. 1 AStG) einer englischen Tochterkapitalgesellschaft im Fall einer Inländerbeherrschung im Sinne von § 7 AStG (Beteiligung > 50%) der Hinzurechnungsbesteuerung, da der Steuersatz in UK seit 2012 unter 25% (24%; 20% income < 300.000 GBP) liegt. Mit dem BREXIT entfällt die bisher notwendige Durchführung des sogenannten „Cadburry-Tests“ im Sinne von § 8 Abs. 2 AStG, vermöge dessen der Steuerpflichtige eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft nachweisen und sich damit von der Rechtsfolge der Hinzurechnungsbesteuerung befreien kann.

Fazit | Ein harter BREXIT führt für UK-Gesellschaften und -sachverhalte zum Wegfall vieler Privilegien. Kurz gefasst heißt dies: BREXIT means: Tax it!

Der Artikel ist in nichtdienstlicher Funktion verfasst und gibt nur die persönliche Meinung des Autors Franz Hruschka wieder.