Grenzüberschreitende Insolvenz
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Harmonisierung des Insolvenzrechts: ein unmögliches Unterfangen?
Es besteht allgemein Einigkeit darüber, dass die Vielfalt der nationalen Insolvenzgesetze grenzüberschreitende Geschäfte, Insolvenzverfahren und Restrukturierungsbemühungen behindert. Gläubiger, die einem Schuldner, der in einem anderen Staat ansässig ist, einen Kredit gewähren, müssen sich immer auch des Risikos der Insolvenz des Schuldners bewusst sein. Kommt es zu einem Insolvenzverfahren, so richtet sich dieses grundsätzlich nach der lex fori concursus (vgl. Art. 7 EIR).
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Irland und die Änderung der Anhänge zur EuInsVO
Ende letzten Jahres haben der Rat und das Europäische Parlament die jüngste Änderung der Anhänge zur EuInsVO beschlossen, die auch die neuen deutschen öffentlichen Restrukturierungssachen (§§ 84 ff. StaRUG) enthält (Verordnung (EU) 2021/2260 vom 15.12.2021, ABl. Nr. L 455, S. 4); die Ausfertigung war eine der letzten Amtshandlungen des jüngst verstorbenen Parlamentspräsidenten David Sassoli.
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Air Berlin Insolvenz: Juristische Höhenflüge eines Airline-Absturzes
Die Air Berlin Insolvenz wird wohl nicht nur wegen ihrer enormen wirtschaftlichen Folgen, sondern auch wegen ihres juristischen Nachspiels in die Geschichte eingehen. Die kürzlich ergangene BGH-Entscheidung im Streit mit Etihad gibt Anlass, die bislang juristisch spannendsten „Flugetappen“ noch einmal Revue passieren zu lassen und einen Blick auf den aufsehen erregenden neuen Prozess gegen Clearstream zu werfen.
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Zuständigkeitsklärung in Europa nach dem Brexit
Im praktischen Wirtschaftsleben wirkt sich der Brexit seit dem 1. Januar 2021 unmittelbar aus, manchmal heftiger, manchmal milder als erwartet. Im Rechtsleben werden die Fälle, die das deutsch-englische Rechtsverhältnis in der Nach-Brexit-Ära testen, noch etwas auf sich warten lassen. Dass es aber sicher nicht leichter wird, mag ein aktueller Fall veranschaulichen, der sowohl die deutschen als auch die englischen Gerichte beschäftigt hat.
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Rechtsunsicherheiten im Anfechtungsrecht – neue Entscheidungen des BGH
Nahezu alle Insolvenzrechtsordnungen haben Vorschriften über die Anfechtung von Rechtshandlungen, die vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, aber nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter angefochten werden können, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligt haben. Typischerweise lassen sich diese Vorschriften in drei Gruppen einteilen.
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Die grenzüberschreitende Insolvenz – (k)ein internationalprivatrechtliches „schwarzes Loch“?(!)
Eine schwedische Gesellschaft schließt 2010 mit einer polnischen Gesellschaft einen Vertrag über die Lieferung von Waren, der eine Rechtswahlklausel zugunsten des schwedischen Rechts enthält. 2011 wird über die polnische Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Unterliegt der Vertrag damit nun plötzlich dem polnischen Recht? Entfaltet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens also – ähnlich wie ein schwarzes Loch – eine derartige Anziehungskraft, dass die lex fori concursus plötzlich sogar das Vertragsstatut „schluckt“?
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Internationale Zuständigkeit für Anfechtungsklagen – eine neue Entscheidung des EuGH
In grenzüberschreitenden Insolvenzen stellt sich immer wieder die Frage nach der internationalen Zuständigkeit der Gerichte für Klagen, die mit dem Insolvenzverfahren zusammenhängen. Schon zur alten EuInsVO 2000 hatte der EuGH entschieden, dass für Prozesse, die aus dem Insolvenzverfahren resultieren und eng mit diesem zusammenhängen, die Gerichte des Staates zuständig sind, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
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Prinzipienbasierte Harmonisierung des Anfechtungsrechts
Die Insolvenzanfechtungsrechte in Europa divergieren ganz erheblich. Die Niederlande kennen zum Beispiel keine Schenkungsanfechtung, Frankreich hat keine Vorsatzanfechtung. Im Gegensatz zu Deutschland, Frankreich, Polen, Portugal und Schweden ist die Befriedigung durch Zwangsvollstreckung in England, Malta, den Niederlanden, Tschechien, der Slowakei und Spanien nicht anfechtbar. Bei der Schenkungsanfechtung verlangen England, Frankreich, Tschechien und die Slowakei die materielle Insolvenz des Schuldners im Moment der Schenkung, viele andere nicht. Bei der Vorsatzanfechtung beträgt der Anfechtungszeitraum in Slowenien ein Jahr, in Kroatien und Deutschland zehn Jahre, Dänemark, England, Finnland und Portugal haben überhaupt keine zeitliche Begrenzung.