European Insolvency & Restructuring
Der Blog zum europäischen Insolvenzrecht-
Die neue Pflicht zum GIS – Digitalisierung light
Das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts soll ja nicht nur das – aus Sicht des klassischen Insolvenzrechts– teilweise recht spektakuläre StaRUG einführen, sondern auch einige Änderungen in prozessrechtlich oder materiell verknüpften Gesetzen bewirken. Manche erscheinen modern und begrüßenswert (Einführung des § 10a InsO – Anspruch auf ein gerichtliches Vorgespräch), manche sind fast ebenso spektakulär wie das StaRUG selbst (§ 15b InsO, Neuregelung der Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit) und andere dagegen fallen zunächst kaum auf, führen in der Praxis dann aber doch zu einem gewissen Beschäftigungseffekt.
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Der Gesetzesentwurf zum StaRUG, dem neuem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (SRR) – ein großer Wurf?
Das BMJV hat im September mit dem Referentenentwurf (RefE) zur Umsetzung der europäischen Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (RL (EU) 2019/1023), insbesondere des „Präventiven Restrukturierungsrahmens“ (Art. 4 – 19 der RL)[1], die deutsche Sanierungs- und Restrukturierungsbranche in helle Aufregung versetzt. Weniger als einen Monat danach liegt bereits der entsprechende Regierungsentwurf[2] vor. Das neue Gesetz soll schon zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Der Beitrag möchte die wichtigsten Neuerungen und deren Sprengkraft für das deutsche Sanierungsrecht skizzieren.
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Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens
Der europäische Gesetzgeber hat mit der Restrukturierungsrichtlinie (EU) 2019/1023 vom 20.6.2019 den Mitgliedstaaten die Zielvorgabe gemacht, Entschuldungsverfahren zu schaffen, bei denen die Entschuldungsfrist maximal 3 Jahre beträgt. Die Frist zur Umsetzung dieser Zielvorgabe endet für die nationalen Gesetzgeber grundsätzlich am 17. Juli 2021. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung Ende August den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 439/20).
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Die Modernisierung des Insolvenzrechts im Jahr 2021
Im Bereich des Insolvenzrechts stehen zwei wesentliche Veränderungen an: Zum einen wird die EU-Restrukturierungsrichtlinie 2019/1023 vom 20.6.2019 in nationales Recht umgesetzt. Entscheidend ist vor allem die Umsetzung der Art. 15-18 RRL, da dort die Auswirkungen des Restrukturierungsplans niedergelegt sind. Zum anderen werden die §§ 270 ff. InsO reformiert werden. Dabei ist insbesondere eine Erhöhung der Eingangsvoraussetzungen zur Eigenverwaltung zu erwarten. Die voraussichtlichen Neuerungen sollen im Folgenden skizziert werden.
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Änderung des § 64 InsO – Ende der Geheimniskrämerei bei der Veröffentlichung von Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen?
Die noch geltende Fassung des § 64 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht vor, dass der gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 InsO öffentlich bekanntzumachende Beschluss über die über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters ohne Angabe der festgesetzten Beträge zu erfolgen hat. In der Veröffentlichung ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der vollständige Beschluss auf der Geschäftsstelle eingesehen werden kann. Ursprünglicher Zweck der Beschränkung der Veröffentlichung auf die Mitteilung, dass ein Vergütungsbeschluss ergangen ist, sollte es sein, „unnötige Einblicke außenstehender“ zu vermeiden (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs der InsO BT-Drucks. 12/2443, S. 130). Ob diese Begründung noch zeitgemäß ist, wird allerdings zunehmend infrage gestellt (siehe etwa Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 64 Rn. 15; Schmidt/Vuia, InsO, 19. Aufl., § 64 Rn. 20; Jaeger/Schilken, InsO, § 64 Rn. 18 mwN).
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Aussetzung der Insolvenzantragspflicht: Anknüpfung an Sanierungsverhandlungen?
Durch § 1 des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes (COVInsAG) wird die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages bis zum 30. September 2020 hinausgeschoben. In § 4 dieses Gesetzes gewährt der Gesetzgeber dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eine Option, diese Laufzeit praktisch zu verdoppeln. Durch bloße Rechtsverordnung kann danach der 31. März 2021 als Auslauftermin bestimmt werden.
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Die Corona-Krise und die Insolvenzantragspflicht
Die „Corona-Krise“ wirft zahlreiche Rechtsfragen auf. Dazu gehört u.a. die Frage, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen die Erfüllung von Leistungspflichten verweigern können und ob sie sich schadensersatzpflichtig machen, wenn ihnen die Pflichterfüllung „corona-bedingt“, etwa aufgrund von Problemen in der Lieferkette, unmöglich oder erschwert wird. Darüber hinaus erleiden zahlreiche Unternehmen erhebliche Umsatzeinbußen, nachdem das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen gekommen ist. Hinzukommen zahlreiche arbeitsrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Fragen.
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Rechtsunsicherheiten im Anfechtungsrecht – neue Entscheidungen des BGH
Nahezu alle Insolvenzrechtsordnungen haben Vorschriften über die Anfechtung von Rechtshandlungen, die vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, aber nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter angefochten werden können, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligt haben. Typischerweise lassen sich diese Vorschriften in drei Gruppen einteilen.
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Die grenzüberschreitende Insolvenz – (k)ein internationalprivatrechtliches „schwarzes Loch“?(!)
Eine schwedische Gesellschaft schließt 2010 mit einer polnischen Gesellschaft einen Vertrag über die Lieferung von Waren, der eine Rechtswahlklausel zugunsten des schwedischen Rechts enthält. 2011 wird über die polnische Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Unterliegt der Vertrag damit nun plötzlich dem polnischen Recht? Entfaltet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens also – ähnlich wie ein schwarzes Loch – eine derartige Anziehungskraft, dass die lex fori concursus plötzlich sogar das Vertragsstatut „schluckt“?
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Internationale Zuständigkeit für Anfechtungsklagen – eine neue Entscheidung des EuGH
In grenzüberschreitenden Insolvenzen stellt sich immer wieder die Frage nach der internationalen Zuständigkeit der Gerichte für Klagen, die mit dem Insolvenzverfahren zusammenhängen. Schon zur alten EuInsVO 2000 hatte der EuGH entschieden, dass für Prozesse, die aus dem Insolvenzverfahren resultieren und eng mit diesem zusammenhängen, die Gerichte des Staates zuständig sind, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.