• Christoph Uhländer

    Aktuelle Entwicklungen im Insolvenzsteuerrecht 2019/2020

    Die Besteuerung von Unternehmen in der Krise, Sanierung und Insolvenz ist ein ausgesprochen unübersichtliches Rechtsgebiet an der Schnittstelle der beiden Teilrechtsordnungen des Insolvenz- und Steuerrechts. Einerseits ist die Rechtsformabhängigkeit der Ertragsbesteuerung von Unternehmen zu beachten; andererseits sind die insolvenzrechtlichen Forderungskategorien (Insolvenzforderungen, Masseverbindlichkeiten, Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen) sorgfältig auf steuerrechtliche Lebenssachverhalte anzuwenden. Zudem sind verfassungs- und unionsrechtliche Rahmenbedingungen zu würdigen (vgl. Uhländer, DB 2018, S. 2788 ff.; DB 2017, S. 923 ff.).

  • Thomas Rihm

    Entwicklungen im schweizerischen Insolvenzrecht

    Die EU setzt ihre Bemühungen fort, den Umstrukturierungsprozess durch einen präventiven Umstrukturierungsrahmen voranzutreiben. Sie übernimmt viele Elemente der Umstrukturierungen des US Chapters 11 und sollte es lebensfähigen Unternehmen ermöglichen, sich zu erholen und auf dem Markt zu bleiben. Ebenso will die EU vermeiden, dass schlecht geführte Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen, indem sie alle fünf Jahre ihre erheblichen Gläubiger los werden. Die Luftfahrtindustrie in den Vereinigten Staaten gibt ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Verfahren nach Chapter 11 auch missbraucht werden können.

  • Reinhard Bork

    Prinzipienbasierte Harmonisierung des Anfechtungsrechts

    Die Insolvenzanfechtungsrechte in Europa divergieren ganz erheblich. Die Niederlande kennen zum Beispiel keine Schenkungsanfechtung, Frankreich hat keine Vorsatzanfechtung. Im Gegensatz zu Deutschland, Frankreich, Polen, Portugal und Schweden ist die Befriedigung durch Zwangsvollstreckung in England, Malta, den Niederlanden, Tschechien, der Slowakei und Spanien nicht anfechtbar. Bei der Schenkungsanfechtung verlangen England, Frankreich, Tschechien und die Slowakei die materielle Insolvenz des Schuldners im Moment der Schenkung, viele andere nicht. Bei der Vorsatzanfechtung beträgt der Anfechtungszeitraum in Slowenien ein Jahr, in Kroatien und Deutschland zehn Jahre, Dänemark, England, Finnland und Portugal haben überhaupt keine zeitliche Begrenzung.

  • Ulrich Haas

    Der präventive Restrukturierungsrahmen – zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht

    Die EU hat die Richtlinie über präventive Restrukturierungrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU (RRiL) am 6.6.2019 verabschiedet. Die RRiL will Unternehmen den Zugang zu präventiven Restrukturierungsmaßnahmen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens eröffnen. Die Mitgliedstaaten haben nunmehr zwei Jahre Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht. Dies wird kontrovers diskutiert, sieht man doch in der RRiL überwiegend einen Angriff auf die Kernelemente der InsO (z.B. Frind, NZI 2018, 431; Kayser, ZIP 2017, 1393).

  • Gehrlein

    Zur Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens bei Gläubigerbenachteiligung

    In einer vom BGH (Urt. v. 2.5.2019 – IX ZR 67/18) entschiedenen Sache war der Beklagte alleiniger Kommanditist der Muttergesellschaft der Schuldnerin und Alleingesellschafter der einzigen Komplementärin der Muttergesellschaft. Der Beklagte gewährte der Schuldnerin ein Darlehen über 100.000 €. Die Schuldnerin zahlte den Darlehensbetrag am 7.3.2013 an den Beklagten zurück. Nach Erhalt der Mittel entrichtete der Beklagte ebenfalls noch am 7.3.2013 als Kommanditeinlage 100.000 € an die Muttergesellschaft, die ihrerseits unmittelbar nachfolgend an diesem Tag eine Verlustausgleichszahlung über 100.000 € an die Schuldnerin erbrachte.

  • Christoph Thole

    Hat die Überschuldung noch eine Zukunft?

    Im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung wird beschrieben, man wolle die Insolvenzantragspflichten reformieren. Damit steht vor allem der Überschuldungstatbestand des § 19 InsO erneut im Feuer oder jedenfalls die damit nach § 15a InsO verbundene Pflicht für die Geschäftsführer, einen Insolvenzantrag zu stellen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Überschuldung ins Blickfeld gerät. Schon bei den vor über zehn Jahren geführten Diskussionen im Zuge der MoMiG-Reform war gelegentlich auf das Vorbild des englischen Rechts verwiesen und die Auffassung vertreten worden, man könne die Antragspflicht zugunsten einer reinen Haftungsregel nach dem Vorbild des englischen wrongful trading aufgeben.

  • Moritz Brinkmann

    Die relative Vorrangregel aus Art. 11 (1) (c) der Insolvenzrichtlinie: nicht nur untauglich, sondern brandgefährlich!

    Am 28. März wird das Europäische Parlament voraussichtlich „die Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren“ verabschieden. Immer wieder konnte man in den letzten Monaten lesen und hören, dass diese Richtlinie einen „Paradigmenwechsel“ für Sanierungen in Deutschland und Europa bringen wird. Trotzdem wurde bislang vermutlich immer noch unterschätzt, wie viel Dynamit die Richtlinie für das Insolvenz- und Gesellschaftsrecht, ja für die Haftungsverfassung juristischer Personen insgesamt birgt.

  • Reinhard Bork

    EuGH-Urteil zu Annexverfahren lässt Streitigkeiten aus Drittstaaten weiterhin offen

    Der EuGH hat kürzlich in der Entscheidung Wiemer & Trachte (C-296/17, ECLI:EU:C:2018:902) entschieden, dass die Gerichte des Staates, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auch für sog. Annexverfahren, also für Streitigkeiten, die – wie beispielsweise Anfechtungsklagen – unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen und in engem Zusammenhang damit stehen (vgl. Art. 6 Abs. 1 EuInsVO), international ausschließlich zuständig sind.

  • Andreas Piekenbrock

    Die Zulassung juristischer Personen als Insolvenzverwalter – wie lange noch § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO?

    Ein neues Jahr bietet immer auch die Gelegenheit für einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen in der Zukunft. Daher soll hier eine Frage erörtert werden, um die es in den letzten Jahren ruhiger geworden ist, die aber im Lichte der EuInsVO neu zu stellen ist: Die Beschränkung auf natürliche Personen in § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO.

  • Stephan Madaus

    Der künftige Restrukturierungsmarkt ist europäisch – wie positioniert sich Deutschland?

    Die Migration deutscher Unternehmen zum Zwecke der Restrukturierung ist bislang eher eine Randerscheinung. Sie wird vor allem durch die Nutzung englischer Verfahrensoptionen geprägt. Der bevorstehende Brexit wird hier einiges ändern. Zwar wird er den Zugang zu diesen Optionen nicht erschweren, da dieser dann autonom in den Händen des englischen Gesetzgebers liegt. Wohl aber wird die automatische Anerkennung englischer Verfahrensergebnisse in der EU nahezu unmöglich, wird das Vereinigte Königreich aus Sicht der EU-Rechtsanwender doch zum Drittstaat. Wer vor diesem Hintergrund meint, damit wäre die Migrationsgefahr bei Restrukturierungen für absehbare Zeit gebannt, liegt allerdings falsch, denn er übersieht die Entwicklungen im verbleibenden EU-Binnenmarkt.